Bild von Frauke Feind auf Pixabay
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Großanlagenbau: -35% Auftragseingang 2020 aber positiver Ausblick 2021

Die von den Mitgliedern der VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau (AGAB) verbuchten Auftragseingänge für 2020 lagen mit 11,9 Milliarden Euro um 35 Prozent unter dem Vorjahresniveau (2019: 18,3 Milliarden Euro). Während der Rückgang im Inland innerhalb der üblichen Schwankungsbreite blieb, gab es im Export Einbußen von über 40 Prozent. Die pandemiebedingten Verschiebungen von Investitionen betrafen in erster Linie das Neuanlagengeschäft und konnten durch die Nachfrage nach Modernisierungen und Services nicht ausgeglichen werden.

Dass die Unternehmen sich in einem schrumpfenden Markt dennoch behaupten konnte, lag an der Flexibilität der Mitarbeiter, der hohen Innovationskraft der Unternehmen und den auf Langfristigkeit fußenden Geschäftsmodellen. Auftragsbestände aus wirtschaftlich erfolgreicheren Jahren halfen den Unternehmen, Umsätze zu erzielen, die auf Vorjahresniveau lagen (16,3 Milliarden Euro). „Dies ermöglichte es unseren Mitgliedern, auch während der Krise notwendige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Branche – etwa in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit – zu tätigen“, sagt Jürgen Nowicki, Sprecher der AGAB und CEO von Linde Engineering.
 

2020: Starke Einbußen im Auslandsgeschäft

Die inländischen Bestellungen sanken im Berichtszeitraum um 9 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro (2019: 3,6 Milliarden Euro). Positive Impulse gingen von der steigenden Nachfrage nach Chemieanlagen und Kraftwerken aus. Im Kraftwerksbau erreichten die Bestellungen mit 1,1 Milliarden Euro (2019: 1,0 Milliarden Euro) sogar den höchsten Wert seit 2014. Auslöser hierfür waren mehrere Neubauaufträge für Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke, die von Kunden aus der Industrie vergeben wurden.

Im Ausland kam es 2020 zu einem erdrutschartigen Nachfrageeinbruch. Die Bestellungen fielen um 42 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro (2019: 14,7 Milliarden Euro) und sanken damit auf das Niveau des Wendejahres 1989. Von dieser Entwicklung waren – mit Ausnahme Osteuropas – alle Regionen in ähnlich starkem Ausmaß betroffen. Kapazitätsanpassungen waren in diesem Umfeld unvermeidlich. Aktuell beschäftigen die VDMA-Großanlagenbauer 48.600 Personen an ihren Standorten in Deutschland und Österreich, das sind rund 5.000 Beschäftigte weniger als im Vorjahr (2019: 53.800).
 

2021: Aussicht auf höhere Auftragseingänge im Großanlagenbau

Die Mitglieder der AGAB sind optimistisch, dass es 2021 wieder bergauf geht. Mehr als 90 Prozent der Unternehmen gehen von konstanten oder steigenden Bestellungen im laufenden Jahr aus. Diese Zuversicht speist sich aus mehreren Quellen. Die weltwirtschaftliche Erholung, eine Deeskalation von Handelskonflikten und umfangreiche Konjunkturprogramme könnten für Impulse auf der Nachfrageseite sorgen. „Darüber hinaus bietet der Großanlagenbau seinen Kunden mit digitalen Services, Mitarbeiterschulungen und Technologien für mehr Nachhaltigkeit genau die Lösungen an, die im aktuellen Marktumfeld besonders gefragt sind“, betont Nowicki. Allerdings wird die Projektabwicklung derzeit noch durch Einreisebeschränkungen und Quarantäneauflagen behindert. Viele Anlagenbauer rechnen daher mit einem schrittweisen Aufholprozess, der bis 2023 andauern könnte.

EU muss Wettbewerbschancen der europäischen Unternehmen wahren

Praxisgerechte Antworten auf die anhaltenden Wettbewerbsverzerrungen in der Exportfinanzierung und die tiefgreifenden Veränderungen im globalen Projektgeschäft liefert die OECD als Gestalter für das politisch gewollte Level Playing Field seit Jahren nicht – Taktgeber sind vielmehr die Staaten, die nicht dem OECD-Konsensus angehören, insbesondere China. Vor diesem Hintergrund appelliert der VDMA-Großanlagenbau an den gemeinsamen Gestaltungswillen der EU, die Wettbewerbschancen der europäischen Unternehmen zu verbessern. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die europäischen Regeln für eine nachhaltige Finanzierung betont Nowicki: „Alle Technologien, die den Pariser Umweltzielen entsprechen und zu einer Emissionsreduktion beitragen, müssen aus der Sicht des Großanlagenbaus Zugang zu nachhaltiger Finanzierung erhalten und durch Exportkreditgarantien flankiert werden können.“

Großanlagenbau ist Technologie-Lieferant für die Energiewende

Die Pläne vieler Staaten, den Klimawandel einzudämmen und dafür Technologien zur Einsparung von Energie und Treibhausgasen zu nutzen, werden konkreter. „Dem Großanlagenbau eröffnen sich dadurch Chancen, neue Angebote im Markt zu platzieren und die Betreiber von Anlagen zu einer ressourcenschonenden Produktion zu befähigen“, betont der AGAB-Sprecher.

Der Großanlagenbau liefert hierfür auch Elektrolyseure und Gesamtanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff, der in der Energiewirtschaft der Zukunft eine zentrale Rolle spielen könnte. „Als Voraussetzung für die Etablierung eines solchen nachhaltigen Systems muss die Politik jedoch verlässliche Rahmenbedingungen schaffen – etwa für den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung“, mahnt Nowicki rasches Handeln an. Ohne die Nutzung erneuerbarer Energien kann kein Sektor entscheidende Beiträge zum Klimaschutz erbringen. Nowicki: „Grüner Wasserstoff und der Ausbau der regenerativen Energien bedingen sich gegenseitig.“
 

Pandemie führt zu einem Digitalisierungsschub im Großanlagenbau

Die Coronakrise hat die Erwartungen der Kunden an den Großanlagenbau verändert. So haben die mit der Pandemie einhergehenden Lockdowns dazu geführt, dass die Durchführung von Ferninbetriebnahmen, Fernwartungen und Fernaudits an Bedeutung gewonnen hat. Auch hat sich das Bedürfnis nach Transparenz während der Planung und Abwicklung eines Projektes weiter verstärkt. Die Anlagenbauer reagieren mit der Digitalisierung ihrer Prozesse auf die neuen Markterfordernisse und nutzen in zunehmendem Maße virtuelle Kommunikationstechnologien.

Dieser Trend zeigte sich 2020 insbesondere im Baustellenmanagement, wo intensiv nach neuen Wegen gesucht wird, um produktiver zu werden und Gesundheitsrisiken zu reduzieren. „Technologien wie Roboter und Drohnen oder auch Virtual-Reality-Anwendungen könnten auf Baustellen zukünftig eine wichtigere Rolle spielen und manuelle Tätigkeiten unterstützen oder sogar vollständig ablösen“, prognostiziert Nowicki.

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