Ein harter Tag für Gerhard Cromme

Ein harter Tag für Gerhard Cromme Essen (dapd). ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme steht einer der stürmischsten Tage seines Berufslebens bevor. Am Freitag (18. Januar) muss sich der 69-jährige Manager auf der Hauptversammlung des größten deutschen Stahlproduzenten in Bochum dem geballten Zorn der Aktionäre stellen. Deutsche Aktionärsschützer und angloamerikanische Anlegerberater haben gleichermaßen empfohlen, dem Vorstand und dem von Cromme geführten Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Der Hintergrund: ThyssenKrupp steckt in der Krise. Gigantische Fehlinvestitionen in neue Stahlwerke in den USA und in Brasilien bescherten dem Konzern in den vergangenen Jahren Milliardenverluste. Kartellskandale und Luxusreisen-Affären beschädigten den Ruf des Traditionsunternehmens. Das ging auch an der ThyssenKrupp-Aktie nicht spurlos vorbei. Sie verlor in den vergangenen eineinhalb Jahren fast die Hälfte ihres Werts. Und weil die verantwortlichen Vorstandsmitglieder längst ihre Sessel räumen mussten, dürfte sich die Empörung auf Cromme konzentrieren. Der Vorwurf: Der Chefkontrolleur hat den Stahlkonzern nicht mehr im Griff. Der Chef des einflussreichen britischen Aktionärsvertreters Hermes, Hans-Christoph Hirt, urteilte im „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe), Cromme könne sich „einer Mitverantwortung für die Fehlentwicklungen nicht entziehen“. Er forderte, die Aktionäre sollten die Hauptversammlung nutzen, einen glaubwürdigen Neuanfang der Unternehmensführung und -kontrolle einzufordern. Eine kaum verklausulierte Rücktrittsforderung an den Aufsichtsratschef. Rückendeckung von Berthold Beitz Tatsächlich scheint die Ursache aller Probleme bei ThyssenKrupp eine völlig aus dem Ruder gelaufene Führungskultur im Konzern gewesen zu sein. Der vor zwei Jahren von Siemens gekommene neue Konzernchef Heinrich Hiesinger beschrieb kürzlich in drastischen Worten, was er bei seinem Amtsantritt vorfand: „Es gab bisher ein Führungsverständnis, in dem Seilschaften und blinde Loyalität oft wichtiger waren als unternehmerischer Erfolg.“ Fehlentwicklungen seien lieber verschwiegen als aktiv korrigiert worden. Wer aber soll für solche Entwicklungen Verantwortung tragen, wenn nicht Cromme. Schließlich war er der Mann, der kurz vor der Jahrtausendwende die Fusion von Thyssen und Krupp erzwang und danach zunächst als Vorstandsvorsitzender und dann als Aufsichtsratschef die Geschicke des neuen Stahlkonzerns leitete. Dennoch muss Cromme wohl nicht um seinen Posten fürchten. Denn er hat nach wie vor die Rückendeckung des größten ThyssenKrupp-Aktionärs, der Krupp-Stiftung. Deren Patriarch Berthold Beitz betonte erst kürzlich kategorisch: „Cromme bleibt.“ Und der Zorn der Aktionäre? Den wird Cromme wohl einfach abwettern. Darin hat er Erfahrung. Als er in den 80er Jahren noch Chef bei Krupp-Stahl war und das Hüttenwerk in Duisburg-Rheinhausen dichtmachte, bewarfen ihn die Arbeiter mit rohen Eiern. Vor seiner Haustür in Essen stand tagelang eine Mahnwache der Krupp-Beschäftigten. Dagegen sind schimpfende Aktionäre ein Kinderspiel. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Veröffentlicht von

Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.