Ditzingen (dapd). Trotz des Tarifabschlusses in der Metall- und Elektroindustrie finden Arbeitgeber und Gewerkschaft keinen Frieden. Der Arbeitgeberverband Südwestmetall kritisierte Politik und IG Metall für ihr Verhalten scharf. „Schon die in der Metall- und in der Zeitarbeitsbranche gefundenen tariflichen Regelungen werden dazu führen, Zeitarbeit in unseren Mitgliedsbetrieben zurückzudrängen“, sagte der Südwestmetall-Vorsitzende Rainer Dulger am Freitag auf der Mitgliederversammlung des Verbands in Ditzingen. Deswegen habe er kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung mit einer gesetzlichen Regelung zur Zeitarbeit drohe und auch die IG Metall bei diesem Thema noch keinen Frieden wolle. „Können wir als Tarifpartei wirklich noch frei entscheiden, wenn uns die Politik wie bei der Zeitarbeit die Pistole auf die Brust setzt“, fragte Dulger. Die Politik übernehme gewerkschaftliche Kampagnen immer häufiger unkritisch. Viele dieser vermeintlichen sozialen Wohltaten würden die Betriebe jedoch mehr schwächen als stärken, sagte Dulger. Als Beispiel nannte er den Plan der baden-württembergischen Landesregierung für einen zusätzlichen bezahlten Bildungsurlaub von fünf Tagen. Zudem kritisierte er das Vorhaben der Gewerkschaft, auch Werkverträge nach den Tarifbedingungen der Metall- und Elektroindustrie zu gestalten. Im Extremfall bedeute das, dass die Tarifverträge der Branche nicht nur für den Arbeiter am Montageband gelten, sondern auch für die Beschäftigten in der Logistik oder den Landwirt, der das Leder für die Sitze liefere. „Werkverträge hat es schon immer gegeben, Werkverträge brauchen wir auch in Zukunft“, sagte Dulger. „Es wäre ein Angriff auf die Grundfesten unseres Wirtschaftssystems, wenn Unternehmen nicht mehr frei entscheiden dürften, was sie selbst machen.“ Am 19. Mai hatten sich Südwestmetall und IG Metall auf einen Tarifvertrag geeinigt, der als Pilotabschluss bundesweit übernommen wurde. Demnach steigen die Entgelte für die 3,6 Millionen Beschäftigten der Branche in Deutschland rückwirkend zum 1. Mai um 4,3 Prozent. Der Tarifvertrag läuft bis 30. April 2013. In Baden-Württemberg arbeiten 800.000 Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie. Beim Thema Leiharbeit setzte die IG Metall mehr Mitsprache für die Betriebsräte durch. Gemäß dem neuen Vertrag darf ein Leiharbeiter ohne Einschränkung 18 Monate eingesetzt werden. Nach 24 Monaten muss er jedoch ein Übernahmeangebot bekommen. Ausnahmen sind aber möglich. Ebenso fehlen einheitliche Bestimmungen für alle Betriebe. Zudem bleiben Leiharbeiter nach Angaben von Gesamtmetall im Schnitt ohnehin nur sechs bis sieben Monate in einer Firma. IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann hatte danach betont, die Politik sei jetzt keinesfalls aus ihrer Verantwortung entlassen, die Leiharbeit neu zu justieren. „Tarifpolitik ist kein Reparaturbetrieb für falsche Beschlüsse von Regierungen.“ Der IG-Metall-Bundesvorsitzende Berthold Huber sprach bei der Leiharbeit von einer „Schmutzkonkurrenz“. Baden-Württembergs Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid verteidigte die Debatte über die Leiharbeit in der Politik. „Es gilt: Die Tarifparteien arbeiten eigenständig, können sich gesellschaftlichen Diskussionen aber nicht verschließen“, sagte der SPD-Politiker. Deswegen sollten tarifvertragliche Vereinbarungen Vorrang haben und solche Fragestellungen möglichst eigenständig lösen. Allerdings müsse man immer noch diskutieren, ob es noch weitere gesetzliche Regelungen geben muss. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ökonomen-Protest stößt auf harsche Kritik
Berlin (dapd). Nach ihrem Protest gegen die EU-Beschlüsse zur Bankenrettung sieht sich eine Gruppe von Ökonomen heftigen Attacken ausgesetzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warf den Wissenschaftlern am Freitag vor, die Bürger zu verwirren. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach von „Stammtischökonomen“, ein Fachkollege der Experten von Populismus. Der Initiator des Protestaufrufs, der Wirtschaftsstatistiker Walter Krämer, beharrt jedoch darauf, dass die Verabredungen des jüngsten EU-Gipfels falsch seien. Krämer und gut 170 andere deutschsprachige Ökonomen hatten einen Protestbrief unterzeichnet, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Darin kritisierten sie die jüngsten EU-Beschlüsse und warnten vor einer Bankenunion, in der die Bürger für die Fehler der maroden Geldinstitute geradestehen müssten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Äußerungen als unzutreffend zurück. Dem schloss sich am Freitag Finanzminister Schäuble an. Er widersprach im RBB-Inforadio energisch der Auffassung, die Verabredungen des Gipfels führten zur kollektiven Haftung für die Schulden der Banken in der Euro-Zone. „Im Kern geht es ja nicht darum, die Haftung zu vergemeinschaften, sondern eine gemeinsame Aufsicht in Europa zu schaffen“, sagte er. Der Brief der Wissenschaftler sorge für „Verwirrung der Öffentlichkeit“. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält die Kritik der Ökonomen zumindest zum jetzigen Zeitpunkt für unbegründet. Voraussetzung für die Bankenunion sei eine wirksame europäische Bankenaufsicht, für die zuerst nationale Souveränitätsrechte an eine europäische Instanz abgegeben werden müssten. „Das scheint mir noch ein längerer Weg zu sein und da fehlen noch etliche Vorschläge der Europäischen Kommission dazu“, sagte Brüderle im Deutschlandfunk. Auch er sehe die Entwicklung aber nicht ohne Sorge, räumte der FDP-Politiker ein. SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sagte im RBB-Sender Radio Eins, er teile grundsätzlich die Skepsis gegenüber der Bankenunion. Den Protestaufruf halte er allerdings für „sehr hysterisch“. Grünen-Fraktionschef Trittin sagte in Berlin zu dem Brief: „Statt Argumente vorzubringen, werden Ängste geschürt. Statt präziser Analyse, werden dumpfe Ressentiments bedient. Diese Stammtischökonomen braucht Deutschland nicht.“ Die Wissenschaftler sehen sich auch dem Unmut von Kollegen ausgesetzt. Sieben renommierte Ökonomen veröffentlichten im „Handelsblatt“ eine Replik. Darin kritisieren sie, die Argumente seien „nicht mit den erforderlichen Fakten unterlegt“. Es sei nicht die Aufgabe von Ökonomen, die Öffentlichkeit „mit Behauptungen, fragwürdigen Argumenten und in einer von nationalen Klischees geprägten Sprache“ zu verunsichern. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warf den Unterzeichnern des Protestbriefs Unkenntnis der Sachlage und Überforderung vor. „Ich denke, dass alle, die das unterschrieben haben, viel zu tun haben. Ich vermute, dass einige das gar nicht so genau durchgelesen haben“, sagte er den „Nürnberger Nachrichten“ (Samstagsausgabe). Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, bezeichnete den Aufruf als „nicht wissenschaftlich, sondern rein emotional. Wenn Ökonomen an die Öffentlichkeit gehen, darf das nicht mit populistisch-nationalem Unterton geschehen“, sagte er der „Wirtschaftswoche“. Der Aufruf schüre die Angst vor einer weitreichenden europäischen Bankenunion, die auf dem EU-Gipfel gar nicht beschlossen worden sei. Der Dortmunder Professor Krämer hält jedoch an seiner Kritik fest, dass die Gipfel-Entscheidungen falsch waren. „Wenn man den Beschluss liest, steht doch da drin, dass in Zukunft Banken direkt Geld aus dem Rettungsschirm beantragen dürfen, nicht per Umweg über ihre Länder, sodass wir dann auf einmal auch für die Schulden der Banken in den Schuldnerländern haften müssen“, sagte er im RBB-Inforadio. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Käßmann kritisiert Gauck
Frankfurt (dapd). Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hat Bundespräsident Joachim Gauck für dessen Relativierung des Satzes „Der Islam gehört zu Deutschland“ kritisiert. „Ich kann die vermeintlich so klare Unterscheidung zwischen einer Religion und ihren Angehörigen nicht ganz nachvollziehen“, sagte Käßmann der „Frankfurter Rundschau“. Gauck hatte gesagt, anstelle der Formulierung seines Amtsvorgängers Christian Wulff bevorzuge er den Satz, „die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland“. Käßmann nannte das eine „intellektualistische Unterscheidung, die eigentlich niemand versteht“. dapd (Politik/Politik)
Fünfmillionster Passat Variant in Emden vom Band gelaufen
Emden (dapd). Der fünfmillionste Passat Variant ist am Freitag im VW-Werk im niedersächsischen Emden vom Band gelaufen. „Unser Passat sichert unsere Arbeitsplätze im Werk und in der gesamten Region“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Peter Jacobs. Das Jubiläumsfahrzeug war ein weißes TDI-Modell mit 140 PS für einen Kunden in Norwegen. Das Jubiläum sei ein Zeichen für die Wertschätzung von fünf Millionen Kunden, sagte Werkleiter Jens Herrmann. Der Passat Variant wird seit 1977 exklusiv im Emder Werk gebaut. Die aktuell siebte Generation ist den Angaben zufolge in mehr als 100 Ländern erhältlich. In dem 1964 eröffneten Werk werden neben dem Passat Variant auch die Passat Limousine und der CC gefertigt. Im vergangenen Jahr wurden dort mehr als 265.000 Fahrzeuge gebaut. Insgesamt wurden seit Werkseröffnung mehr als 10,3 Millionen Fahrzeuge produziert, hieß es. Vor dem Passat war das Emder Werk auf die Fertigung des Käfers spezialisiert. Bis zur Einstellung dieses Modells im Jahr 1978 wurden mehr als 2,3 Millionen Einheiten produziert. Der letzte in Deutschland gefertigte Käfer steht heute in der Empfangshalle des Werks. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Gauck fordert Öffnung des Verfassungsschutzes
Eisenach (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck fordert ein Ende der Geheimniskrämerei beim Verfassungsschutz. „Amtschefs und Politik müssen die Bürger teilhaben lassen an Erkenntnissen, die gewonnen wurden“, sagte er während seines Antrittsbesuchs am Freitag in Eisenach. Das Vertrauen wachse dort, wo Offenheit herrsche. „Die Frage ist vor allem: Wie schaffen wir Zustände, in denen die Landesämter für Verfassungsschutz effektiver arbeiten – und in denen die Bevölkerung wieder Vertrauen in Organe setzen kann, die unsere Verfassung schützen und verteidigen sollen“, sagte er weiter. Je mehr Informationen über komplizierte Sachverhalte zur Verfügung stünden, umso leichter sei es möglich, zu einem Urteil zu kommen. „Und umso leichter kann man Verschwörungstheorien abblocken.“ Gaucks Besuch im Freistaat war der erste nach seiner Ernennung als Bundespräsident im März. dapd (Politik/Politik)
Bundeswehr hilft Industrie beim Panzertest in Saudi-Arabien
Berlin (dapd). Ein Verkauf deutscher Kampfpanzer an Saudi-Arabien wird immer wahrscheinlicher: Derzeit testet der Hersteller Krauss-Maffei Wegmann einen Leopard 2 A7+ in dem arabischen Land unter Wüstenbedingungen. Dabei erhält die Münchner Waffenschmiede Unterstützung durch die Bundeswehr, wie ein Sprecher von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin bestätigte. Offen ist aber weiterhin, ob eine Voranfrage Saudi-Arabiens zum Kauf von mindestens 270 deutschen Panzern vom Bundessicherheitsrat gebilligt wurde. Bei dem Testpanzer handelte es sich ursprünglich um einen Leopard 2 A6 der niederländischen Armee, der von KMW zu Testzwecken aufgerüstet wurde. Für die Wüstentests sei er in einen „fähigkeitserweiterten Erprobungszustand versetzt“ worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Der Panzer mit seinen 1.500 PS verfügt nach Herstellerangaben als Modell A7+ unter anderem über eine verbesserte Aufklärungsfähigkeit und einen Räumschild. Bereits seit längerem hegt Saudi-Arabien den Wunsch, seine Armee mit deutschen Kampfpanzern auszurüsten. Ein solches Geschäft stößt in der Opposition und bei Friedensaktivisten jedoch auf scharfen Widerspruch. Saudi-Arabien hatte sein Nachbarland Bahrain dabei unterstützt, Proteste gegen die dortige Regierung niederzuschlagen. Daher hatte der mutmaßliche Panzerdeal bereits im Dezember vergangenen Jahres heftige innenpolitische Debatten ausgelöst. Regierungssprecher Steffen Seibert lehnte es am Freitag ab, sich zu konkreten Exportgenehmigungen nach Saudi-Arabien zu äußern. Er sagte lediglich, die Regierung prüfe in jedem Fall, wie und ob sich ein Rüstungsexport auf die Sicherheit und Stabilität in der Region auswirken könne. Zudem werde die aktuelle Menschenrechtslage berücksichtigt. Ansonsten gebe die Regierung über erfolgte Rüstungsexporte nur Auskunft in ihrem jährlichen Bericht. Das Verteidigungsministerium wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich in diesem Fall nicht um einen Waffenexport, sondern um die Erprobung eines neuen Panzers durch KMW handle, den zudem die Niederländer bereitgestellt hätten. Solche Hilfen seien normal, sagte ein Ministeriumssprecher und verwies auf andere Fälle wie den zum Afghanistan-Einsatz vorgesehenen neuen Helikopter NH 90, der in New Mexico (USA) getestet werde, oder die Hilfe für EADS Cassidian beim Test des neuen Kampfflugzeuges vom Typ Eurofighter. Im aktuellen Fall habe die Bundeswehr einen Stabsoffizier der Panzertruppen Anfang der Woche nach Saudi-Arabien entsandt, sagte der Sprecher weiter. Dieser soll KMW für vier Wochen bei der Firmenerprobung eines neuen Leopard-Panzers unterstützen. Seine Aufgabe sei es, die Schießsicherheit zu gewährleisten, da KMW nicht über solches Personal verfüge, unterstrich der Sprecher. Der deutsche Offizier werde im übrigen von KMW bezahlt, auch die Kosten für die Munition werde von der Rüstungsfirma getragen. Die Linke zeigte sich empört über eine solche Unterstützung. Diese Art Militärhilfe für eine Privatfirma sei „unverfroren“, sagte der Außenexperte der Linksfraktion, Jan van Aken. Damit werde nur der umstrittene Verkauf von Leopard-Panzern „an den Unterdrückerstaat Saudi Arabien vorangetrieben“. Seine Fraktionskollegin Inge Höger warf der Bundesregierung vor, bei ihrer Genehmigungspraxis für Kriegsgerät die Frage der Menschenrechte zu ignorieren. Auch aus den Reihen der Grünen gab es Protest. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele mahnte, Schwarz-Gelb dürfe nicht länger mit Polizei- und militärischer Ausbildungshilfe sowie schweren Waffen „unterdrückerische und frauenfeindliche Regime“ wie in Saudi-Arabien unterstützen. „Die Bundeswehr darf sich nicht abermals als Türöffner für unverantwortliche Rüstungsexporte betätigen.“ dapd (Politik/Politik)
Ferrostaal übernimmt Flagsol-Anteile von Solar Millennium
Erlangen (dapd). Der Essener Industriekonzern Ferrostaal übernimmt das Joint Venture mit der insolventen Erlanger Solar Millennium, die Flagsol GmbH, vollständig. Ferrostaal werde das Unternehmen fortführen und die rund 80 Mitarbeiter übernehmen, teilte der Insolvenzverwalter von Solar Millennium, Volker Böhm, am Freitag mit. Sitz des Unternehmens solle Köln bleiben. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden. Böhm sprach aber von einem „nennenswerten Erlös“ für die Gläubiger. Der Erlanger Solarkraftwerkentwickler hielt den Angaben zufolge 74,9 Prozent an der Flagsol GmbH, die dessen Projekte mitentwickelte und realisierte. Solar Millennium hatte Ende 2011 Insolvenzantrag gestellt. Hauptgeschädigte sind rund 16.000 Anleihegläubiger, die über sogenannte Inhaber-Teilschuldverschreibungen knapp 227 Millionen Euro in das Unternehmen investierten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bahn-Holding will auf Gewinne aus dem Netz nicht verzichten
Berlin (dapd). Die Deutsche Bahn AG will auf Gewinne ihrer Tochter DB Netz AG nicht verzichten. Das erklärten die DB-Vorstandsmitglieder Volker Kefer und Richard Lutz am Freitag in Berlin. Die DB-Mutter finanziere auch Teile des Netzes. Sie habe dies auch getan, als die Netz AG bis 2006 Verluste eingefahren habe. Bei einer Rendite von etwa vier Prozent könne nicht von monopolistischen Gewinnen die Rede sein. „Wenn ihr die Kuh weiter melken wollt, dürft ihr sie nicht schlachten“, sagte Lutz an die Adresse der Politik, die mit der Dividende der DB AG zum Finanzierungskreislauf Schiene beiträgt. Große Teile der Dividende von zuletzt 525 Millionen Euro werden für die Finanzierung der Infrastruktur verwendet. Lutz verwies darauf, dass das Saldo aus Gewinnen, Verlusten und Kapitalerhöhungen seit der Gründung der Netz AG 2001 immer noch 2,2 Milliarden Euro zuungunsten der Holding betrage. Er kündigte überdies an, dass künftige Nettogewinne zur Reduzierung der Schulden der Netz AG von derzeit 10,2 Milliarden Euro verwendet würden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Die Entscheidung zum Buback-Attentat mitbestimmt
Stuttgart (dapd). Verena Becker hat offenbar etwas anderes erwartet. Als Richter Hermann Wieland am Freitagnachmittag den Schuldspruch und die Haftstrafe verkündet, dreht sich die 59-jährige Angeklagte zu ihrem Verteidiger Hans Wolfgang Euler um, blickt ihn kurz an und zieht die Mundwinkel tief nach unten. Dann hört sich die zierliche Frau im grauen Pulli, die wegen einer Krankheit auch vor den Richtern eine dunkle Sonnenbrille trägt, die dreistündige Urteilsverkündung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart äußerlich unbewegt an. Wegen Beihilfe zum Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine beiden Begleiter am 7. April 1977 wird die frühere RAF-Terroristin zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Wegen einer früheren Verurteilung zu lebenslanger Haft gelten zwar zweieinhalb Jahre bereits als vollstreckt. Mit einer Haftstrafe hatte vor dem Urteil aber kaum noch ein Prozessbeobachter gerechnet, eher mit einer Bewährungsstrafe oder einem Freispruch. Wohl auch Becker selbst. Sie hatte seit Prozessbeginn geschwiegen; erst ganz am Ende des Prozesses, am 89. Sitzungstag, hatte sie ihr Schweigen gebrochen und jegliche Mitwirkung am Buback-Attentat oder dessen Vorbereitung abgestritten. „Ich war nicht dabei“, hatte sie am 14. Mai 2012 betont. Doch der 6. Strafsenat des OLG stützte seinen Schuldspruch am 97. Verhandlungstag auf eine äußerst akribische Beweisaufnahme. Wieland sagte, Becker habe die Entscheidung, Buback und seine zwei Begleiter zu töten, im Beisein der späteren Täter „mitbestimmt“ und die Täter in ihrem Tatentschluss „wissentlich und willentlich“ bestärkt. Darüber hinaus sei jedoch nicht nachzuweisen, dass Becker an der Tatausführung und an konkreten Vorbereitungen des Attentats beteiligt war. Welche beiden RAF-Mitglieder auf dem Tatmotorrad gesessen und wer vom Soziussitz aus geschossen habe, sei „nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen“, betonte Wieland. Und dies, obwohl der Senat seit dem 30. September 2010 unter Vorsitz des 62-jährigen Wieland „danach trachtete, die unmittelbaren Tatbeteiligten festzustellen“. In den 21 Monaten wurden 165 Zeugen – darunter auch zahlreiche ehemalige RAF-Terroristen – sowie 8 Sachverständige gehört. Beim Senat kamen in dem „außergewöhnlichen Verfahren“ laut Wieland 70 Stehordner und insgesamt 25.000 Seiten Aktenmaterial zusammen. Dennoch sei die Dimension des Prozesses sinnvoll. Täter oder Beteiligte an Mordtaten müssten „wissen, dass ihre Schuld nicht verdrängt wird“, sagte Wieland. Schließlich „zerlegte“ der 6. Strafsenat noch die Behauptungen des Nebenklägers und Sohnes des Ermordeten, Michael Buback. Der Chemieprofessor war entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung doch zur Urteilsverkündung erschienen. Er sagte am Freitag vor dem Urteil, für ihn sei die „Wahrheit“ über das Attentat wichtig. Dagegen habe das Urteil eine für ihn „eine nachrangige Bedeutung“. Buback hatte Becker nicht nur verdächtigt, die Todesschützin gewesen zu sein, wofür der Strafsenat keine Anhaltspunkte fand. Buback hatte auch die These vertreten, Verfassungsschutz oder Geheimdienste hätten eine „schützende Hand“ über Becker gehalten, um sie vor einer Strafverfolgung zu schützen. Für diese Behauptung gebe es nach der Beweisaufnahme jedoch „keinerlei Basis“, sagte Wieland. An Buback gerichtet sagte Wieland: „Die Nebenklage hat häufiger Reales mit Wunschvorstellungen vermischt.“ dapd (Politik/Politik)
Monopolkommission fordert offene Spritpreis-Datenbank
Berlin (dapd). Nach den Vorstellungen der Monopolkommission der Bundesregierung soll künftig das Navi Autofahrer zur günstigsten Tankstelle leiten. Die Kommission schlug am Freitag in Berlin den Ausbau der geplanten Transparenzstelle für Kraftstoffpreise zu einem verbrauchernahen Onlineportal vor. „Das Portal sollte Autofahrern einen Vergleich der Benzinpreise in Echtzeit ermöglichen“, sagte der Vorsitzende der Kommission, Justus Haucap. Der Vorschlag ist Teil eines Berichts des Gremiums für Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Ein Gesetzentwurf des Wirtschaftsministers sieht bereits vor, dass Tankwarte künftig Änderungen der Kraftstoffpreise einer Markttransparenzstelle im Bundeskartellamt melden müssen. Dadurch soll das Amt Preismissbrauch schneller aufdecken können. Die fünfköpfige Monopolkommission hält die Marktbeobachtung durch das Amt jedoch für „wenig Erfolg versprechend“. Ohne Einbeziehung der Raffinerien könnten Wettbewerbsprobleme des Kraftstoffmarkts nicht gelöst werden, sagte Haucap. Die Kommission empfahl Bundeswirtschaftsminister Rösler stattdessen, eine Datenbank der aktuellen Kraftstoffpreise zu schaffen, auf die die Verbraucher jederzeit per Navi oder Smartphone zugreifen können. „Dann können die Verbraucher die Mineralölkonzern ganz anders unter Druck setzen“, betonte Haucup. Für Australien und Österreich gebe es bereits ähnliche Datenbanken, die im Internet einsehbar seien. Diese seien aber noch nicht mit komfortablen Schnittstellen ausgestattet, die einen mobilen Zugriff durch Navigationsgeräte auf aktuelle Benzinpreise ermöglichten. Der Gesetzentwurf zur Markttransparenzstelle habe die zweite und dritte Lesung noch vor sich und könne noch entsprechend geändert werden, sagte der Kommissionsvorsitzende. Er regte zudem an, die Stelle nicht beim Kartellamt, sondern bei einer unabhängigen privaten Organisation anzusiedeln. Bei öffentlicher Ausschreibung der Stelle könnten sich etwa Verbraucherzentralen oder auch der ADAC um die Aufgabe bewerben. Der Rösler übergebene Kommissionsbericht stellt zudem fest, dass sich die Verflechtungen der 100 größten deutschen Konzerne weiter verringert haben. Die durch wechselseitige Beteiligungen und personelle Verbindungen gekennzeichnete Deutschland AG löse sich tendenziell auf, sagte Haucup. Der Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie gibt den Vorsitz der Kommission kommende Woche an Daniel Zimmer ab, den Direktor des Instituts für Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Bonn. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)