Karlsruhe verschafft Asylbewerbern mehr Geld

Karlsruhe verschafft Asylbewerbern mehr Geld Karlsruhe/Berlin (dapd-nrw). Asylbewerber in Deutschland bekommen ab sofort deutlich mehr Geld vom Staat. Die bisherigen Sätze reichen für ein menschenwürdiges Leben nicht aus, wie das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entscheiden hat. Das Karlsruher Gericht ordnete mit sofortiger Wirkung an, dass die Geldleistungen an das Hartz-IV-Niveau angeglichen werden. Davon profitieren rund 130.000 Menschen in Deutschland: Neben Asylsuchenden auch Kriegsflüchtlinge und geduldete Ausländer. Asylbewerber bekommen zurzeit nur 224 Euro pro Monat, also etwa 40 Prozent weniger als Hartz-IV-Bezieher mit dem Regelsatz von 374 Euro. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof sagte, die Geldleistung für Flüchtlinge sei offensichtlich unzureichend, weil sie seit 1993 trotz einer etwa 30-prozentigen Preissteigerung nicht angehoben wurde. Die Regelsätze in dem nun beanstandeten Asylbewerberleistungsgesetz seien „nicht nachvollziehbar berechnet“ und „nicht realitätsgerecht“. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sei verletzt. Dies sei „ein Menschenrecht“, das Deutschen und Ausländern gleichermaßen zustehe. Der Gesetzgeber muss nun unverzüglich eine Neuregelung erlassen. Bis dahin hat das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung in Kraft gesetzt, die ab sofort gilt. Demnach erhält ein alleinlebender Erwachsener statt 224 nun 336 Euro und ein Jugendlicher zwischen 15 und 18 Jahren 260 statt bisher 200 Euro. Die Erhöhung gilt auch rückwirkend ab 2011, wenn Bescheide noch nicht bestandskräftig festgesetzt sind. Die Bundesregierung will nun „unverzüglich“ eine verfassungskonforme Neuregelung erarbeiten. „Dabei werden wir auch den Anspruch auf Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche umsetzen“, teilte das Bundessozialministerium mit. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßte das Urteil. „Das Gericht beendet ein jahrelanges Unrecht. Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse“, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Er forderte, nun das Asylbewerberleistungsgesetz komplett abzuschaffen. „Die entwürdigende Praxis, Asylsuchende mit Lebensmittelpaketen und anderen Sachleistungen abzuspeisen, muss beendet werden.“ Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) begrüßte das Urteil als „richtungsweisende Korrektur“. Grünen-Politiker Volker Beck sprach von einem „guten Urteil zur Stärkung der Menschenrechte in Deutschland“. Die SPD-Sozialexpertin Anette Kramme sagte, das Gericht habe ein „weises Urteil“ gefällt. FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff begrüßte es, dass Asylbewerber mehr Geld bekommen sollen. „Gleichzeitig müssen wir auch über eine Arbeitserlaubnis für Asylbewerber in Deutschland nachdenken. Das wäre menschenwürdiger und würde auch die Staatskasse entlasten“, gab Wolff zu bedenken. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus sagte, Asylbewerber erhielten nun höhere Geldleistungen, „soweit der Bedarf nicht, wie im Gesetz vorgesehen, vorrangig durch Sachleistungen abgedeckt wird“. Eine Anhebung der Leistungen sei angesichts der jahrelang gestiegenen Lebenshaltungskosten „überfällig“. Einige Länder wie beispielsweise Bayern setzen bislang weitgehend auf Sachleistungen, andere wie etwa Hamburg oder Berlin auf reine Geldleistungen. Der Städtetag erwartet für die Kommunen nun einen deutlichen Kostenanstieg. Der Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Bundestag, Tom Koenigs, erklärte, das Urteil zeige erneut die „eklatanten Mängel der deutschen Flüchtlingspolitik“ auf. Menschenrechte von Asylbewerbern „auf Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe“ sein verletzt worden. Das Verfassungsgericht urteilte über Vorlagen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen. dapd (Politik/Politik)

Deutschland dringt auf UN-Resolution zu Syrien

Deutschland dringt auf UN-Resolution zu Syrien Berlin (dapd). Nach den jüngsten Gewaltexzessen in Syrien dringt die Bundesregierung auf ein Machtwort der Vereinten Nationen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte am Mittwoch in Berlin an alle Beteiligten im UN-Sicherheitsrat, sich auf eine weitere gemeinsame Resolution zu einigen. Bislang haben Russland und China dies mit ihrem Veto verhindert. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen sollte noch am Mittwoch über eine neue Syrien-Resolution abstimmen. Der syrische Verteidigungsminister Dawud Radschha war bei einem Selbstmordanschlag auf den Sitz der Sicherheitskräfte in Damaskus getötet worden. Auch ein Schwager von Präsident Baschar Assad kam am Mittwoch ums Leben. Mehrere weitere ranghohe Regierungsvertreter seien schwer verletzt worden, berichtete das staatliche Fernsehen. Die Bundeskanzlerin erklärte, der Vorfall zeige, „dass es dringende Zeit ist, dass die nächste UN-Resolution verabschiedet werden kann“. Alle Staaten der internationalen Staatengemeinschaft sollten daran mitwirken, „damit erstens die Verletzung von Menschenrechten dort ein Ende hat, aber auch der politische Prozess vorangehen kann.“ Auch Außenminister Guido Westerwelle forderte erneut eine UN-Resolution gegen das Regime von Präsident Assad. „Viele Tausend Menschen sind der wachsenden Gewalt schon zum Opfer gefallen“, sagte der FDP-Politiker in Berlin. Die Verantwortung für die Eskalation trage das Assad-Regime. „Wir müssen alles versuchen, um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen“, mahnte der deutsche Chefdiplomat. Die internationale Gemeinschaft müsse dazu ein geschlossenes Signal aussenden. Ein militärisches Eingreifen der Bundeswehr in Syrien lehnte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) erneut ab. „Ich komme zu der Lösung, dass ein solcher Einsatz nicht sinnvoll ist“, sagte er im TV-Sender Phoenix. De Maizière betonte, dass ihm das Dilemma angesichts der Bilder der vergangenen Wochen bewusst sei. Doch sei die Lage kompliziert und vielschichtig. „Es gibt Situationen, da müssen sie vielleicht zuschauen, obwohl ihnen die Seele blutet“, bedauerte der Minister. Zugleich rief er Russland und China auf, „gemeinsam Druck auf Assad auszuüben und zu erhöhen“. dapd (Politik/Politik)

Klarheit geschaffen

Klarheit geschaffen Karlsruhe (dapd). Die Bundesregierung begrüßt das Karlsruher Urteil zu den staatlichen Geldleistungen für Asylbewerber in Deutschland. Das Bundesverfassungsgericht habe damit „Klarheit geschaffen“, sagte am Mittwoch eine Sprecherin des Sozialministeriums in Berlin. Nun müssten sich Bund und Länder auf eine Neuregelung einigen. Bis ein neues Gesetz vorliege, werde es eine Übergangsregelung geben. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die staatlichen Geldleistungen für Asylbewerber zu niedrig sind und gegen das Grundgesetz verstoßen. Die Länder müssten die Kosten hierfür tragen, der Bund regele den gesetzlichen Rahmen, erläuterte die Sprecherin. Beide Seiten hätten sich in einer Arbeitsgruppe bislang nicht verständigen können. Das Gesetz werde nun aber – wie von Karlsruhe verlangt – „zeitnah und zügig“ auf den Weg gebracht. dapd (Politik/Politik)

Schäuble wirbt für Spanien-Hilfe

Schäuble wirbt für Spanien-Hilfe Berlin (dapd). Vor der Bundestagsentscheidung über europäische Hilfe für Spaniens Banken wirbt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble um Zustimmung. Die geplante Unterstützung Madrids sei auch im deutschen Interesse, sagte er am Mittwoch. Am Nachmittag erläuterte der CDU-Politiker dem Europaausschuss des Bundestags seine Position. Der CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn äußerte Bedenken gegen Details des Hilfspakets. Spanien soll aus dem Euro-Rettungsschirm bis zu 100 Milliarden Euro an Darlehen erhalten, um damit seine angeschlagenen Banken zu stützen. Im Gegenzug muss Madrid mehrere Auflagen erfüllen, unter anderem müssen Gehälter von Spitzenkräften der Banken gedeckelt werden. Außerdem soll die Eigenkapitalquote der Institute erhöht werden. Am Donnerstag stimmt der Bundestag über die Pläne ab. Einen Tag später soll die Eurogruppe grünes Licht für das Hilfspaket geben. Nur bei einem positiven Beschluss des Bundestags darf Schäuble in der Runde seiner Amtskollegen für die Hilfen stimmen. Es sei in Deutschlands Interesse, „dass der Euro insgesamt stabil wird“, sagte der Minister in einem Videointerview. In diesem Zusammenhang sei das neue Hilfspaket zu sehen. Schäuble sprach der Regierung in Madrid sein Vertrauen aus: „Ich bin mir ganz sicher, Spanien wird seine Verpflichtungen immer erfüllen können.“ Er hob zudem hervor, dass Madrid verpflichtet sei, die Banken „nicht nur zu kapitalisieren, sondern auch entsprechend zu restrukturieren“. Am Nachmittag warb Schäuble im Europaausschuss des Bundestags persönlich um Unterstützung. Der CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn äußerte sich vor Beginn der Sitzung kritisch. Er sei grundsätzlich bereit, Euro-Partnern Unterstützung zu gewähren, sagte er. Dabei seien aber „angemessene Konditionen“ nötig. Zudem sehe er Hilfen kritisch, die ausschließlich dem Bankensektor gelten. Hier seien zuerst die Inhaber der Institute in der Pflicht und dann der Staat, in dem sie ihren Sitz haben. Erst danach könne Europa einspringen. Silberhorn kritisierte, dass vorgesehen sei, die Gelder aus dem europäischen Rettungsschirm EFSF auch an nicht systemrelevante Institute weiterzugeben. Über dieses und andere Details müsse noch intensiv diskutiert werden. Zu seinem Abstimmungsverhalten am Donnerstag wollte Silberhorn nichts sagen. Klar gegen das Hilfspaket positionierte sich die Linke. Gemeinsam mit ihrer spanischen Schwesterpartei monierte sie, die Unterstützung für Spaniens Banken habe in dem Land bereits zu einem „Programm des sozialen Kahlschlags“ geführt. „Alles wird gekürzt, nur nicht die Gewinne der Reichen und der Banken“, urteilten die Linke-Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, Linksfraktionchef Gregor Gysi und Spitzenpolitiker der Vereinigten Linken Spaniens in einer gemeinsamen Erklärung. Die Linksfraktion wird laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung in der Sondersitzung die höchste Abwesenheitsquote haben. Mindestens zehn Linke blieben der Sondersitzung fern, darunter Gysi. In der Unionsfraktion fehlten mindestens zwei Abgeordnete, bei der FDP gebe es bisher eine Absage, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Angaben der Fraktionen. Bei der SPD fehlten acht, bei den Grünen zwei Abgeordnete. Insgesamt würden damit mindestens 23 der 620 Abgeordneten urlaubs- oder krankheitsbedingt nicht an der Sitzung teilnehmen. (Schäuble-Video: http://www.youtube.com/bundesregierung ) dapd (Politik/Politik)

Verfassungsschutz: Friedrich kündigt Reform-Eckpunkte für Herbst an

Verfassungsschutz: Friedrich kündigt Reform-Eckpunkte für Herbst an Berlin (dapd-lsc). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will bis zum Herbst Eckpunkte für eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes vorlegen. Dies kündigte der CSU-Politiker am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2011 in Berlin an. Zugleich wies Friedrich Forderungen nach einer Abschaffung der krisengeschüttelten Behörde zurück. „Der Verfassungsschutz ist ein unverzichtbares Frühwarnsystem.“ Die Bedrohung Deutschlands durch Extremismus, Terrorismus und Cyber-Angriffe nehme zu. Nach der Pannenserie im Fall des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) sei das Ansehen des Verfassungsschutzes beschädigt, räumte Friedrich ein. Nunmehr gelte es, das Vertrauen in die Behörde wieder herzustellen. Daher solle nach der Erarbeitung der Eckpunkte eine Reform „zügig“ vorangetrieben werden. Insbesondere will der Minister die „Zentralfunktion“ des Bundesamtes gegenüber den Landesämtern stärken. Friedrich zeigte sich auch offen für Vorschläge, die Organisation zu straffen und kleine, ineffiziente Ämter zusammenzulegen. Dazu müsse es aber noch Gespräche mit den Ländern geben. Der Minister erwartet, dass der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, die Veränderungen „konsequent“ durchsetzt. Der 49-jährige Maaßen, der bisher Stabschef für Terrorismusbekämpfung im Innenministerium war, folgt am 1. August dem langjährigen Präsidenten des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, im Amt. Das beschloss am Mittwoch das Bundeskabinett. Fromm hatte seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt, als bekannt wurde, dass ein Beamter seines Amtes wichtige Akten zur Zwickauer Terrorzelle geschreddert hatte, noch nachdem die Terrororganisation im November 2011 aufgeflogen war. Dies sei kein gewöhnlicher Fehler gewesen, sagte Fromm am Mittwoch zu dem brisanten Vorgang und ging mit seiner Behörde erneut hart ins Gericht: „Die Besonderheit war, dass der Fehler über ein halbes Jahr vertuscht worden ist.“ Laut dem scheidenden Geheimdienstler ist das Disziplinarverfahren gegen jenen Referatsleiter noch nicht abgeschlossen. Verfahren seien auch gegen zwei ihm Vorgesetzte eingeleitet worden. Fromm stand zwölf Jahre an der Spitze des Amts. Friedrich dankte ihm für seine Arbeit und Loyalität. Er betonte, der Verfassungsschutz habe maßgeblichen Anteil daran, dass seit 2001 sieben Anschlagsvorbereitungen mit islamistischem Hintergrund vereitelt werden konnten. Zudem habe man durch Erkenntnisse der Geheimdienstler vermocht, Vereine von gewaltbereiten Muslimen, aber auch rechtsextremistische Organisationen zu verbieten. „Es gab aber auch Misserfolge“, räumte der Innenminister ein. Der „größte“ sei das „Nichtentdecken des NSU“ gewesen. Tatsächlich enthält der Verfassungsschutzbericht 2010 noch keinen Hinweis auf die Gefahr des Rechtsterrorismus. In dem neuen Bericht warnt die Sicherheitsbehörde nun vor möglichen Nachahmern des NSU. Es sei nicht auszuschließen, „dass Einzelne diese Taten sich zum Vorbild nehmen könnten und ähnlich agieren könnten“, sagte Fromm. „Hier ist hohe Aufmerksamkeit gefordert.“ Laut dem Bericht nimmt die Zahl von Neonazis und gewaltbereiten Rechtsextremisten zu. Die Mitgliederzahl rechtsextremistischer Parteien gehe hingegen zurück. Auch in der linksautonomen Szene gebe es eine zunehmende Gewaltbereitschaft, sagte Fromm. Die Bedrohung durch islamistische Extremisten bestehe zudem unverändert fort – „von ihr geht die größte Gefahr aus“. Insbesondere sei ein starker Zulauf bei den radikalen Salafisten zu verzeichnen, die in Deutschland inzwischen 3.800 teils gewaltbereite Anhänger hätten. dapd (Politik/Politik)

Massenproduktion von Zandern vor dem Durchbruch

Massenproduktion von Zandern vor dem Durchbruch Born (dapd). Gedämpftes Licht und Kälte im sogenannten Laicherraum lassen den Besucher frösteln. Mitten im Hochsommer haben die Biologen von Mecklenburg-Vorpommerns Fischereiforschungsanstalt in Born auf dem Darß winterliches Klima simuliert. In den beiden Wasserbassins ziehen zwei Dutzend ausgewachsene Zander ihre Runden. Sie sind die Elterngeneration für die bundesweit erste Massenaufzucht der bislang als Problemfisch geltenden Raubfische. „In den nächsten zwölf Wochen wird hier der Frühling einziehen, damit die bis sechs Kilogramm schweren Tiere ablaichen“, sagt Carsten Kühn. Er ist Leiter der Forschungsfarm, in der am Mittwoch Deutschlands erste Anlage zur Erbrütung barschartiger Nutzfische in Betrieb ging. Vom Computer gesteuert wird jetzt von Tag zu Tag das derzeit noch zehn Grad Celsius kalte Boddenwasser in dem Laicherraum langsam erwärmt. Und weil auch noch die Beleuchtung allmählich hochgefahren wird, werden die Tiere zur Fortpflanzung animiert. Sie laichen über bürstenartigen Matten. „Drei bis viermal im Jahr werden wir auf diese Weise Laich gewinnen, etwa 200.000 Eier je Kilogramm Fischgewicht“, sagt der Fischereibiologe. Weil Zander in Schüben laichen und die unterschiedlich groß werdenden Larven zum Kannibalismus neigen, müssen sie alle vier Tage nach Größe voneinander getrennt werden. In der 3,7 Millionen Euro teuren Forschungsanlage stehen für die Larvenaufzucht mit feinsten Salinenkrebsen zehn 500-Liter-Spezialbottiche zur Verfügung, jeder groß genug für bis zu 50.000 Tiere von bis zu 1,5 Zentimeter Größe. Später werden die Jungfische in eine Farm nach Hohen Wangelin gebracht und binnen 14 Monaten zum Schlachtgewicht von bis zu zwei Kilogramm gemästet. Die erste Zanderproduktion über fünf bis sechs Tonnen wird schon in zwei Wochen an Fischereibetriebe und Handel ausgeliefert. Zum Vergleich: Jährlich gehen den Binnen- und Küstenfischern Mecklenburg-Vorpommerns rund 220 Tonnen Zander in die Netze. Die Nachfrage nach diesen Edelfischen könne mit Wildfängen längst nicht mehr gedeckt werden, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Fischereiminister Till Backhaus (SPD). „Wir stehen jetzt vor dem technologischen Durchbruch für die erste künstliche Massenaufzucht dieser Problemfische.“ Auch Versuche mit anderen barschartigen Fischen wie Flussbarschen verliefen schon vielversprechend. Deutschlands gewässerreichstes Bundesland gilt inzwischen als Vorreiter in der Aquakultur. Im Unterschied zu billigen Importfischen wie Pangasius aus oft nicht ökologisch betriebenen Massentierhaltungen konzentrieren sich Forscher, Landwirte und Fischereibetriebe in Mecklenburg-Vorpommern auf die künstliche Aufzucht von Edelfischen. Neben Welsen werden inzwischen auch Ostseeschnäpel, Störe, Saiblinge, aber auch Edelkrebse produziert. Landesweit sind 22 Aquakulturen im Dauerbetrieb, die 2011 etwa 1.000 Tonnen Fisch produzierten. Allein die Aufzucht von Welsen stieg seit 2010 von 242 Tonnen auf 500 Tonnen im vergangenen Jahr, für 2012 werden 1.000 Tonnen erwartet. Derzeit verhandle das Land mit einem Investor, der ein bundesweit bislang einmaliges Großprojekt zur Produktion von lachsartigen Fischen plane, sagt Backhaus. Erste Erfahrungen in der künstlichen Fischaufzucht hatten die Fischereibiologen schon zu DDR-Zeiten gesammelt. In Fachkreisen geschätzt wird zum Beispiel die Borner Forelle, ein seit 38 Jahren herangezüchteter Stamm robuster Regenbogenforellen, die selbst noch im 28 Grad warmen und trüben Boddenwasser überleben und viel schneller heranwachsen als ihre amerikanischen Artgenossen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Schlecker-Pleite ruft Justiz auf den Plan

Schlecker-Pleite ruft Justiz auf den Plan Stuttgart (dapd). Die Pleite des Drogeriekonzerns Schlecker ist nun auch ein Fall für die Justiz. Wegen des Verdachts auf „Bankrott, Untreue und Insolvenzverschleppung“ durchsuchten am Mittwoch mehr als 160 Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft Wohnungen und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern, wie Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart mitteilten. Ermittelt wird demnach gegen 14 Personen, darunter Medienberichten zufolge auch Firmengründer Anton Schlecker. Der Insolvenzverwalter der Dorgeriekette, Arndt Geiwitz, war vorab über die Ermittlungen informiert worden, wie ein Sprecher am Mittwoch auf dapd-Anfrage sagte. Sie seien „Teil der Gesamtaufklärung“ und deshalb bei einer Insolvenz dieser Größenordnung nicht ungewöhnlich. Der Insolvenzverwalter werde die Ermittlungen „nach allen Kräften unterstützen“. Durchsucht wurden nach Angaben der Ermittler drei Firmenobjekte im Alb-Donau-Kreis und sowie eines im Raum Osnabrück. Die Schlecker-Firmenzentrale liegt in Ehingen im Alb-Donau-Kreis, wo auch die Familie Schlecker wohnt. In Osnabrück hat die Schlecker-Tochter Ihr Platz ihren Sitz. Zwölf der durchsuchten Wohnungen liegen den Behörden zufolge in Baden-Württemberg, zehn davon im Raum Ulm und dem Alb-Donau-Kreis, eine im Kreis Ludwigsburg und eine im Zollernalbkreis. Je eine Privatwohnung wurde demnach in Berlin, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durchsucht. Laut LKA dauerten die Aktionen am Vormittag zum Teil noch an. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Bundesregierung erlaubt bewaffnete Söldner auf deutschen Seeschiffen

Bundesregierung erlaubt bewaffnete Söldner auf deutschen Seeschiffen Berlin/Hamburg (dapd). Die deutschen Reeder dürfen zum Schutz ihrer Schiffe gegen Piratenüberfälle künftig schwer bewaffnete Söldner an Bord nehmen. Dafür hat das Bundeskabinett am Mittwoch den Weg freigemacht. Die Ministerriege verabschiedete einen Gesetzentwurf für ein Zulassungsverfahren für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen. Damit legalisiert die Bundesregierung ein seit Monaten übliches Vorgehen der Reeder. Hintergrund sind die vielen Piratenüberfälle, vor allem vor der Ostküste Afrikas. Die Reeder hatten argumentiert, dass sie wieder mehr Schiffe unter deutscher Flagge fahren lassen würden, wenn für deutsche Sicherheitsunternehmen auf den Schiffen Rechtssicherheit hergestellt würde. In erster Linie sollen die Sicherheitsleute die Schiffe bewachen und nur im Notfall verteidigen. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßte die Entscheidung: „Unsere Reeder brauchen klare Bedingungen, um die Seeleute effektiv vor der weiter andauernden Bedrohung durch Piraterie schützen zu können“, sagte Verbandspräsident Michael Behrendt, der auch die wichtigste deutsche Reederei Hapag-Lloyd leitet. Behrendt forderte, dass auch internationale Sicherheitsunternehmen für den Einsatz auf Schiffen mit deutscher Flagge zugelassen werden können. Er würdigte den Einsatz der Stadt Hamburg, die als zentrale Waffenbehörde für die Neuregelung fungieren werde. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll die Firmen begutachten und Genehmigungen erteilen. Schon heute fahren viele deutsche Schiffe mit bewaffneten Söldnern an Bord, denn nach einer Umfrage der Unternehmensberatung PWC war jedes dritte deutsche Schifffahrtsunternehmen schon von Piraterie betroffen. 58 Prozent der Reeder erklärten laut Studie, es gebe Sicherheitsdienste an Bord. Die Söldner gehen meist auf hoher See an Bord und verlassen das Schiff wieder, ehe ein Hafen angelaufen wird. So umgehen sie Ärger mit den Behörden wegen ihrer Waffen. Nach Angaben aus Reederkreisen sind die Bewaffneten ein effektiver Schutz gegen Piraten. dapd (Politik/Politik)

Schnellerer Weg aus der Pleite

Schnellerer Weg aus der Pleite Berlin (dapd). Menschen in Finanznöten sollen schneller eine neue Chance erhalten. Die Bundesregierung regelt dazu das Verbraucherinsolvenzrecht neu. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett den entsprechenden Gesetzentwurf. Damit sollen zugleich die Gläubigerrechte gestärkt werden. Derzeit können Verbrauchern nach sechs Jahren in einem privaten Insolvenzverfahren Restschulden erlassen werden, wenn sie bestimmte Auflagen erfüllen. Die Frist kann künftig auf drei Jahre halbiert werden, wenn die Schuldner innerhalb der ersten drei Jahre des Verfahrens mindestens ein Viertel der Forderungen und die Verfahrenskosten bezahlen. Eine Verkürzung von bisher sechs auf fünf Jahre ist möglich, wenn die Verfahrenskosten vollständig bezahlt werden. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte, mit der Neuregelung werde Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten schneller als bisher eine zweite Chance eröffnet. Der Mut zur Gründung eines eigenen Unternehmens müsse gefördert werden. Bei einem Scheitern stünden Selbstständige aber oft vor einem Schuldenberg. Aber auch Verbraucher könnten leicht und oft unverschuldet in die Situation der Zahlungsunfähigkeit geraten. 2011 gab es laut Justizministerium über 100.000 Verbraucherinsolvenzverfahren und gut 20.000 Insolvenzverfahren von bis dato Selbstständigen. Die Regierung will aber auch den Gläubigern entgegenkommen. Sie sollen Anträge auf Ablehnung von Restschuldbefreiungen leichter stellen können. Auch sollen künftig außergerichtliche Einigungsversuche unterbleiben, wenn diese offensichtlich aussichtslos sind. Hierdurch will die Regierung die begrenzten Ressourcen von Schuldnerberatungsstellen schonen. Seit 1999 können Betroffene Privat- oder Verbraucherinsolvenzverfahren bei den zuständigen Amtsgerichten beantragen. Das erfolgt mit Hilfe von Anwälten oder Steuerberatern, vor allem aber über die staatlich anerkannten Schuldnerberatungen. Ziel ist es, für die Betroffenen Wege aus der Überschuldung zu finden und eine Befreiung von der Restschuld zu erreichen. Gebunden sind derartige Verfahren an pfändbares Einkommen oder Vermögen des Überschuldeten. Dem Betroffenen bleibt derzeit über sechs Jahre nur ein monatlicher Selbstbehalt. Alles darüber hinaus wird zur Begleichung der Schulden einbehalten beziehungsweise gepfändet. Erfüllt der Überschuldete alle Auflagen über den gesamten sechsjährigen Zeitraum, kann ihm die Restschuld erlassen werden. dapd (Politik/Politik)