Deutsche Großkonzerne legen auch weiter in Europa an

Deutsche Großkonzerne legen auch weiter in Europa an Stuttgart (dapd). Deutsche Großkonzerne horten trotz Staatsschuldenkrise weiterhin ihre liquiden Mittel in Europa. „Wir sind und bleiben ein europäisches Unternehmen und stehen zum Euro“, teilte der Softwarekonzern SAP am Mittwoch in Walldorf mit. „Entsprechend der Unternehmensstrategie legen wir unsere liquiden Mittel so diversifiziert wie möglich in Euro an“, hieß es weiter. Am Dienstag war bekannt geworden, dass der britisch-niederländische Ölkonzern Royal Dutch Shell bis zu 12,2 Milliarden Euro aus Europa abziehen will. „Es gab ein Umdenken hinsichtlich unserer Bereitschaft, Kreditrisiken in Europa einzugehen“, hatte der Shell-Finanzvorstand Simon Henry der britischen Zeitung „Times“ gesagt. Er begründete den Schritt mit der Krise im Euroraum. Ähnliche Bedenken hegen die deutschen Großkonzerne zumindest öffentlich nicht. Auch ein Daimler-Sprecher betonte, der Konzern werde seine Anlagepolitik nicht ändern. „Wir haben darauf geachtet, unser Risiko zu diversifizieren“, sagte er. Die Liquidität des Konzerns sei auf mehr als 100 Banken verteilt. Ein Sprecher des Chemiekonzerns BASF sagte: „Wir unterhalten seit vielen Jahren Geschäftsbeziehungen zu unterschiedlichen Banken im europäischen wie im außereuropäischen Raum.“ Ein Monitoring-System erlaube es, schnell auf Entwicklungen zu reagieren und das Geld innerhalb des Bankensystems zu verschieben. „Das ist aber etwas, das permanent passiert“, betonte er. Die Strategie werde wegen der Krise nicht geändert. Nach Ansicht von Experten ergibt die Anlage in anderen Wirtschaftsräumen ohnehin nur unter bestimmten Umständen Sinn. „Für Anleger und Unternehmen ist es sinnvoll, in der Währung das Geld anzulegen, in der sie letztlich das Geld auch wieder ausgeben wollen“, sagte ein Sprecher von Allianz Global Investors, der Vermögensverwaltung des Versicherungskonzerns. „Daher ist es nicht falsch, dass Shell in den Dollar-Raum geht, weil der Großteil des Geschäfts in Dollar abgewickelt wird“, fügte er hinzu. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Neuer Streit über Giftstoffe im Kinderspielzeug

Neuer Streit über Giftstoffe im Kinderspielzeug Berlin (dapd). Neue Aufregung über Blei, Arsen und Quecksilber in Kinderspielzeug: Die Bundesregierung hat eingeräumt, dass die strengen deutschen Grenzwerte für diese Giftstoffe durch Umsetzung einer EU-Richtlinie zum 1. Juli 2013 aufgeweicht werden. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen bestätigte die Regierung, dass die EU-Grenzwerte deutlich höher liegen – bei Blei um den Faktor 1,9, bei Arsen um 3,6 und bei Quecksilber um 1,5. Die Grünen warfen Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) am Mittwoch Versagen vor. Allerdings will Aigner an den schärferen Grenzwerten festhalten. Die Bundesrepublik klage gegen die Europäische Union, sagte ihr Staatssekretär Robert Kloos in Berlin. „Wir sind zuversichtlich, mit dieser Klage erfolgreich zu sein.“ Deshalb sehe die Regierung keinen Grund, die Spielzeugindustrie mit einer Selbstverpflichtung auf die niedrigeren Werte festzulegen, sagte Kloos. Die Sprecherin für Verbraucherpolitik der Grünen im Bundestag, Nicole Maisch, warf der Bundesregierung vor, sie verliere sich in einer „bürokratischen Verschleppungstaktik“. Der federführende Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sei beim Thema Spielzeugsicherheit ein „Totalausfall“. Aigner und Rösler müssten endlich handeln und eine Selbstverpflichtung der Spielzeugindustrie herbeiführen. Der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie hält die Furcht vor einer Flut an schadstoffhaltigem Spielzeug für unbegründet. Die EU-Kommission plane eine Senkung der Grenzwerte für Blei, Arsen und Barium, erklärte der Verband. „Diese werden voraussichtlich bis Juli 2013 als europäisches Recht eingeführt werden – zu einem Zeitpunkt, in dem aller Voraussicht nach über die Klage der Bundesregierung noch nicht entschieden ist.“ Es mache keinen Sinn, eine Selbstverpflichtung auszuhandeln, erklärte ein Sprecher. Denn bis zu diesem Zeitpunkt gälten die niedrigen Grenzwerte. Auch sei die „Entwicklung hin zu Verschärfungen absehbar“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Umweltschützer wollen bei Energiewende Taten sehen

Umweltschützer wollen bei Energiewende Taten sehen Berlin (dapd). Die Energiewende darf nach Ansicht von Umweltschützern nicht länger zerredet werden. Sie müsse vielmehr beschleunigt werden, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, am Mittwoch in Berlin. Für die Beschleunigung stellte Weiger gemeinsam mit dem Bundesverband Erneuerbare Energie und der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz ein Sofortprogramm vor. Ein zentraler Punkt darin ist die gerechte Finanzierung des Ausbaus der regenerativen Energien. Alle drei Organisatoren halten die Ziele der Bundesregierung für umsetzbar. Sie will bis 2050 mindestens 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen produzieren und bis 2020 den Stromverbrauch um ein Zehntel senken. Dafür sei eine „zupackende Energiepolitik seitens der Bundesregierung nötig“, sagte Weiger. Doch vor allem Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) blockiere Maßnahmen zur Energieeffizienz und stelle den Ausbau der erneuerbaren Energien immer wieder in Frage. In ihrem Sofortprogramm kritisieren die BUND-Umweltschützer und die Lobbyisten für erneuerbare Energien, dass die Energiewende dafür verantwortlich gemacht wird, dass der Strompreis für die Haushaltskunden steigt. Zwar seien seit 2002 die Preise um 10 Cent pro Kilowattstunde gestiegen. Aber die sogenannte EEG-Umlage, aus der der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert wird, habe sich in dieser Zeit nur um 3 Cent erhöht. Industrie stärker bei EEG-Umlage in die Pflicht nehmen Darüber hinaus habe die Bundesregierung weite Teile der Industrie von der EEG-Umlage ausgenommen. Nach Angaben der Bundesnetzagentur verbrauchten einige Hundert Firmen rund 18 Prozent des Stroms in Deutschland. Sie zahlten aber nur 0,3 Prozent der Umlage für erneuerbare Energien. Die Kosten für die Energiewende müssten künftig gerechter verteilt werden, fordern die Organisationen. Sie plädierten nicht nur für einen verlässlichen Ausbau der regenerativen Energien, sondern auch für Fortschritte bei der energetischen Gebäudesanierung. Die Hängepartie von Bund und Ländern im Vermittlungsausschuss müsse endlich beendet werden, forderte der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energie, Dietmar Schütz. Zusätzlich müsse ein Boom für „erneuerbare Wärme“ ausgelöst werden. Carsten Müller von der Unternehmensinitiative Energieeffizienz regte als mögliche Programme „Abwrackprämien“ für Stromfresser wie veraltete Kühlgeräte und Pumpen an. Dringend modernisiert werden müssten auch ineffiziente Antriebe in Industriebetrieben oder kostenintensive Beleuchtungs- und Heizungssysteme in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden. (Im Internet unter http://url.dapd.de/lEYtgt ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Gigaset verhandelt nach Quartalsverlust über Stellenabbau

Gigaset verhandelt nach Quartalsverlust über Stellenabbau München (dapd). Nach einem deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang will der Telefonhersteller Gigaset Kosten sparen und möglicherweise Arbeitsplätze abbauen. Das Unternehmen kündigte am Mittwoch in München Verhandlungen mit den Betriebsräten an. Der Vorstandsvorsitzende Charles Fränkl sagte zwar: „Wir haben überhaupt keine Absicht, das Werk in Bocholt zu schließen.“ Dieses sei „Teil unseres Markterfolges in Europa“. Eine Garantie für die Produktionsstätte im Ruhrgebiet wollte Fränkl aber nicht abgeben. Bis 1. April 2013 gilt für Bocholt und seine 1.200 Mitarbeiter noch eine Standort- und Arbeitsplatzgarantie. In anderen Ländern führt Gigaset bereits Gespräche über Stellenkürzungen. Das Unternehmen schaue sich genau an, welche Märkte profitabel sind, sagte Finanzvorstand Alexander Blum. Weltweit beschäftigt der Telefonhersteller mehr als 1.700 Mitarbeiter. Von April bis Juni 2012 machte Gigaset aus fortgeführtem Geschäft unter dem Strich ein Minus von 3,8 Millionen Euro. Vor einem Jahr hatte der Telefonhersteller noch einen Nettogewinn von 3,6 Millionen Euro verzeichnet. Im ersten Halbjahr 2012 blieb dem Unternehmen noch ein Überschuss von 130.000 Euro. Der Konzernumsatz ging von 95,4 Millionen im zweiten Quartal 2011 auf nun 93,4 Millionen Euro zurück. Durch die Umstrukturierung will Gigaset ab 2014 jährlich mindestens 30 Millionen Euro sparen. Für dieses und nächstes Jahr konnte die Unternehmensführung Nettoverluste nicht ausschließen. Wegen der Schuldenkrise sei der Markt in Europa eingebrochen, sagte Blum. In Südeuropa gab es Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich. Auch in Deutschland konnte Gigaset dieses Jahr nicht mehr wachsen. Zudem leidet das Unternehmen unter dem schwachen Euro, da es das Material weitgehend in Dollar bezahlen muss. Für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen deshalb mit einem Umsatzrückgang im einstelligen Prozentbereich und einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) deutlich unterhalb dem des Vorjahres im einstelligen Millionenbereich. Fränkl rechnet mit Umsatzrückgang bei Privatkunden Neben den Sparmaßnahmen setzt Gigaset auch auf Investitionen, um den Umsatz anzukurbeln. So steckte das Unternehmen im zweiten Quartal 9,1 Millionen Euro in neue Produkte, den Aufbau eines Online-Shops und in Prozessoptimierungen. Innovationen wie Android-Applikationen für Festnetz-Telefone will Gigaset Ende August auf der Branchenmesse IFA in Berlin vorstellen. Fränkl kann sich auch ein bis zwei Firmenzukäufe vorstellen oder Kooperationen mit anderen Unternehmen. Im Jahr 2015 strebe die Gigaset AG einen Gesamtumsatz von 500 bis 560 Millionen Euro bei einer EBITDA-Marge von 10 bis 13 Prozent an, sagte der Vorstandschef. Im zweiten Quartal lag die Marge nur bei 0,01 Prozent. Gigaset ist nach eigenen Angaben in Europa Marktführer bei den DECT-Telefonen (schnurlose digitale Telefone). In einem rückläufigen Markt habe der Hersteller seinen Marktanteil in Europa um 1 bis 2 Prozent auf ein Drittel ausbauen können, teilte Gigaset mit. Der Kurs der Gigaset-Aktie legte bis zum Nachmittag um 1,5 Prozent auf 1,37 Euro zu, nachdem der Kurs in den Wochen zuvor deutlich gefallen war. (Mitglied des Aufsichtsrates der Gigaset AG ist der Gesellschafter der Nachrichtenagentur dapd, Dr. Dr. Peter Löw.) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Bundesregierung plant Förderprogramm für neue Bundesländer

Bundesregierung plant Förderprogramm für neue Bundesländer Berlin (dapd). Die Bundesregierung will ein 500 Millionen Euro schweres Förderprogramm für die neuen Bundesländer auflegen. Mit dem Programm unter dem Titel „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ wolle man „die in den ostdeutschen Bundesländern aufgebauten Kompetenzen weiter stärken“, sagte ein Sprecher des Bundesforschungsministeriums am Mittwoch der Nachrichtenagentur dapd. Damit bestätigte er einen Bericht der Zeitschrift „Superillu“. Nach Angaben des Ministeriums sollen die Gelder in den Jahren 2013 bis 2019 ausgeschüttet werden. Gefördert werden sollen „Projekte, die sich den großen Herausforderungen der Zukunft stellen“. Der Öffentlichkeit soll das Förderprogramm am 22. August in Dresden vorgestellt werden. dapd (Politik/Politik)

Angeklagter gibt Zahlungen an Mitglied einer Terrorvereinigung zu

Angeklagter gibt Zahlungen an Mitglied einer Terrorvereinigung zu Stuttgart (dapd). Ein wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagter Mann hat zum Prozessauftakt in Stuttgart ein Geständnis abgelegt. Der 25-Jährige gab am Mittwoch vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts zu, im Jahre 2008 ein Mitglied der „Islamischen Jihad Union“ (IJU) durch drei Überweisungen mit insgesamt 624 Euro unterstützt zu haben. Ihm sei bewusst gewesen, dass damit das Geld in den militanten Kampf der Gruppierung fließen konnte, sagte der Angeklagte. Bereits vor dem ersten Verhandlungstag war es zwischen der Verteidigung und der Bundesanwaltschaft als Kläger zu einer Verständigung gekommen. Diese legt dem in der baden-württembergischen Gemeinde Klettgau an der schweizerischen Grenze wohnenden Ramazan B. in ihrer Anklageschrift zur Last, 2007 über das Internet in Kontakt mit der Vereinigung IJU gekommen zu sein, deren Ideologie geteilt und ihren Kampf finanziell unterstützt zu haben. Die ausländische „Islamische Jihad Union“ will der Bundesanwaltschaft zufolge Afghanistan von westlichem Einfluss befreien und das islamische Emirat der Taliban wiedererrichten. Angeklagter sah sich Enthauptungen im Internet an B., der seit mehreren Jahren deutscher Staatsbürger ist, führte aus, dass er sich über die Vereinigung im Internet zunächst informieren wollte. „Dann kam Sympathie dazu“, sagte der angeklagte technische Zeichner. Er habe sich Videos angesehen – darunter auch Enthauptungen – und Kontakt zu dem männlichen IJU-Mitglied gepflegt, an den er später Geld zahlte. Er habe die „Freundschaft“ genossen. Den Mann habe B. auch in der Türkei besucht. Seine erste Überweisung in Höhe von 100 Euro sei deshalb auch als eine Art Aufwandsentschädigung anzusehen, fügte er hinzu. B. sprach bei einem Teil der Überweisungen von „Opfergeld“, das er aus religiösen Gründen gezahlt habe. Auf das Angebot des IJU-Mitglieds, mit ihm nach Afghanistan zu reisen, sei er aber nicht eingegangen, sagte der 25-Jährige. Das IJU-Mitglied kümmerte sich dem Verteidiger B’s. zufolge darum, Geld für die IJU zu beschaffen und neue Mitglieder zu rekrutieren. Der Vorsitzende Richter, Claus-Friedrich Wilke, gab bekannt, dass es zu einer Verständigung zwischen Verteidigung und Bundesanwaltschaft gekommen sei. Er signalisierte, dass das Gericht das Ergebnis – den Strafantrag der Bundesanwaltschaft bei einem Geständnis auf eine Bewährungsstrafe unter zwölf Monate festzusetzen – aufgreifen wolle. Ein Urteil könnte ihm zufolge voraussichtlich am zweiten Verhandlungstag am Donnerstag (16. August) gesprochen werden. dapd (Politik/Politik)

Rentenbeitrag soll 2013 sinken

Rentenbeitrag soll 2013 sinken Berlin (dapd). Die Bundesregierung will Beschäftigte und Unternehmen mit einem niedrigeren Rentenbeitrag entlasten sowie Altersarmut abbauen. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung soll Anfang 2013 von derzeit 19,6 auf 19,0 Prozent gesenkt werden, wie aus einem am Mittwoch in Berlin vorgelegten Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums hervorgeht. Mit ihren Plänen zu einer Rentenaufstockung für Geringverdiener stieß Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) prompt auf Ablehnung bei SPD, FDP, Arbeitgebern und Sozialverbänden. Ein gesetzlicher Mechanismus sieht vor, dass bei hohen Überschüssen in der Rentenversicherung die Beiträge automatisch reduziert werden. Bereits zu Jahresbeginn 2012 war der Beitragssatz von 19,9 auf 19,6 Prozent gesenkt worden. Die Regierung ging bisher davon aus, dass eine weitere Reduzierung auf 19,2 Prozent 2013 möglich ist, hält nun aber eine Rückführung auf 19,0 Prozent für machbar. Für Unternehmen und Arbeitnehmer bedeute das eine Entlastung von jeweils 2,7 Milliarden Euro im Jahr. Neben dem Entwurf für das Beitragssenkungsgesetz gab von der Leyen weitere Rentenmaßnahmen in die Ressortabstimmung. Das Kabinett wird das Paket voraussichtlich am 29. August beschließen, wie aus dem Ressort verlautete. Zweifel an der Zuschussrente Über die Zuschussrente sollen Geringverdiener, die ihr Leben lang gearbeitet, aber nur einen geringem Rentenanspruch erworben haben, unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufstockung vom Staat bekommen. Damit soll verhindert werden, dass Betroffene im Alter in die Grundsicherung abrutschen. Die Gefahr besteht insbesondere bei Frauen, die neben ihrem Beruf Angehörige gepflegt und Kinder erzogen haben. Nach Angaben des Ministeriums sind derzeit von den rund 16,8 Millionen Senioren ab 65 Jahren knapp 2,5 Prozent oder gut 400.000 Menschen auf die Grundsicherung im Alter angewiesen. Bereits 2013 sollen rund 25.000 Menschen von der Zuschussrente profitieren können. 2030 wären es dann 1,4 Millionen Menschen, die die neue Leistung erhalten können. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt das Vorhaben wegen „erheblicher finanzieller und ordnungspolitischer Bedenken“ allerdings ab, wie die Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ unter Berufung auf das Ministerium berichteten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hält das Konzept für unzureichend und nicht seriös. Wie die Politikerin den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Donnerstagausgaben) sagte, geht sie zudem davon aus, dass die Ankündigung zur Beitragssenkung bei gleichzeitiger Leistungsausdehnung „höchstens bis zur Bundestagswahl 2013“ hält. Die Arbeitgebervereinigung BDA monierte, dass – anders als ursprünglich zugesagt – die Zuschussrente nicht allein aus Steuermitteln finanziert werde, sondern auch zulasten der Beitragszahler gehen soll. Die Sozialverbände VdK und SovD bezweifelten, dass die Zuschussrente die Altersarmut wirksam bekämpfen kann. Auch werde das Problem der Langzeitarbeitslosen, denen zunehmend Altersarmut drohe, nicht angegangen, kritisierte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher in den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Auch sieht der VdK die Beitragssatzsenkung kritisch. Besser wäre laut Mascher, den Beitragssatz länger stabil zu halten. Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, bemängelte zudem, die geplante Anrechnung von Einkommen auf die Zuschussrente bei Menschen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftlicher Gemeinschaft leben, sei nicht sinnvoll. Gleitender Übergang in den Ruhestand Ein weiteres Element im Rentenpaket ist eine sogenannte Kombirente. Mit ihr sollen ältere Arbeitnehmer in den letzten Jahren vor dem Ruhestand beruflich kürzertreten können, ohne drastische Abschläge bei der Rente in Kauf nehmen zu müssen. Derzeit steigen dem Ministerium zufolge viele von heute auf morgen komplett aus der Beschäftigung aus, weil die vorgezogene Rente schon bei wenig Zuverdienst stark sinken kann. Wer künftig vorzeitig in Rente gehen will, soll zwar die Abschläge in Kauf nehmen müssen, aber daneben bis zur Obergrenze des höchsten, in den letzten 15 Jahren erzielten Bruttoeinkommens hinzuverdienen können. Von Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sollen Menschen profitieren, die krankheitsbedingt vorzeitig in Rente gehen. Aktuell wird eine Rente gezahlt, als hätte der Betroffene bis zum 60. Lebensjahr gearbeitet. Durch die Einführung der Rente mit 67 würde langfristig der Abstand zur Regelaltersgrenze wachsen. Deshalb werden Erbwerbsgeminderte künftig schrittweise so gestellt, als hätten sie zwei Jahre länger als bisher weiter gearbeitet. Entsprechendes soll auch für Hinterbliebenenrenten gelten. Das Rentenpaket sieht ferner eine obligatorische Altersvorsorge für Selbstständige vor. Hierzu stehen laut Ministerium aber noch „Prüfungen und Klärungen“ aus. Der Teil soll daher später als die anderen Maßnahmen ins Gesetzgebungsverfahren kommen. dapd (Politik/Politik)

Rostock verleiht Gauck die Ehrenbürgerschaft

Rostock verleiht Gauck die Ehrenbürgerschaft Rostock (dapd). Mehr als 20 Jahre nach seiner Pastorentätigkeit in Rostock erhält Joachim Gauck die höchste Auszeichnung seiner Heimatstadt. Der Bundespräsident wird am Donnerstag in der St. Marienkirche zum Ehrenbürger ernannt. Das Interesse der Rostocker am Festakt ist groß: Die 600 Zuschauerplätze für die Veranstaltung waren bereits nach wenigen Minuten vergeben. Rostock erwartet ein „emotional bewegendes Fest“, wie ein Stadtsprecher am Mittwoch sagte. Der 72-jährige Gauck ist in Rostock geboren, hat dort Theologie studiert und arbeitete bis zur Wende als Pastor. Er gehörte der DDR-Opposition an und wurde später Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Im März dieses Jahres wurde er mit Unterstützung von Union, SPD, Grünen und FDP zum Bundespräsidenten gewählt. Gauck war bereits für die Ehrenbürgerschaft Rostocks nominiert worden, bevor er zum zweiten Mal als Staatsoberhaupt im Gespräch war. Die Verleihung der Ehrenbürgerschaft wird vom Norddeutschen Rundfunk auf eine Videowand im Rostocker Stadthafen übertragen, wie der Sender ankündigte. Viele Bürger haben keinen Platz mehr in der Kirche bekommen. An zwei Tagen hatte die Stadt Rostock jeweils 300 Eintrittskarten vergeben, das Kontingent war jedoch bereits nach wenigen Minuten erschöpft. Vor der Ausgabe hatten sich Schlangen gebildet. In der St. Marienkirche wird Gauck, der von seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt begleitet wird, einen Ehrenbrief erhalten und sich in das Ehrenbuch eintragen. Dort soll es heißen, Gauck habe „mit hohem persönlichen Einsatz, mit unerschütterlichem Mut und Engagement der Demokratie, der Freiheit und der persönlichen Selbstbestimmung sowie der Verantwortung seine Stimme gegeben“. Die Seite im Ehrenbuch ist größer als DIN A3 und wurde bunt illustriert vom Rostocker Grafiker Feliks Büttner, der auch den Kussmund der AIDA-Schiffe entworfen hat. Rostock hat seit der Wende erst zwei Ehrenbürger benannt: den Schriftsteller Walter Kempowski (1929-2007), der 1994 an seinem 65. Geburtstag ausgezeichnet wurde, sowie den israelischen Historiker Yaakov Zur (geboren 1924). Nach der Festveranstaltung wird Gauck am Abend die Rostocker Hanse Sail eröffnen. Zu dem Treffen von Großsegelschiffen werden Gäste aus aller Welt erwartet. In den vergangenen Jahren zählte die Hanse Sail jeweils mehr als eine Million Besucher. dapd (Politik/Politik)

Bundesregierung besorgt wegen Prozess gegen Pussy Riot

Bundesregierung besorgt wegen Prozess gegen Pussy Riot Berlin (dapd). Die Bundesregierung verfolgt den umstrittenen Gerichtsprozess gegen die drei Mitglieder der russischen Punkband Pussy Riot mit Sorge. „Die Deutsche Botschaft beobachtet den Prozess nicht nur aus der Ferne, sondern war auch bei der Verhandlung anwesend und steht mit Anwälten der Gruppe in Kontakt“, sagte ein Sprecher von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Mittwoch in Berlin. Zudem habe der Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning „bereits die Unverhältnismäßigkeit dieses Prozesses verurteilt“. Auch der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter bestätigte, der Vorgang werde intensiv beobachtet. Generell sei die Bundesregierung besorgt darüber, „dass die Entfaltungsmöglichkeiten der russischen Zivilgesellschaft in jüngster Zeit eingeschränkt wurden“. Der Punkband wird vorgeworfen, im Februar die Moskauer Christus-Erlöser-Kathedrale gestürmt und das jetzige Staatsoberhaupt Wladimir Putin von der Kanzel herab verunglimpft zu haben. Am 17. August soll das Urteil verkündet werden. dapd (Politik/Politik)

Milbradt bedauert Zerwürfnis mit Biedenkopf

Milbradt bedauert Zerwürfnis mit Biedenkopf Dresden/Hamburg (dapd-lsc). Sachsens früherer Ministerpräsident Georg Milbradt wünscht sich eine Aussöhnung mit seinem Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf (beide CDU). Das Zerwürfnis sei „mit einer Ehescheidung vergleichbar“, sagte Milbradt der Wochenzeitung „Die Zeit“ laut Vorabbericht. Oft bedauerten beide Partner das Ergebnis. „Ähnlich ist es auch hier, zumindest gilt das für mich“, betonte der 67-Jährige. Milbradt signalisierte seine Bereitschaft, den 15 Jahre älteren Biedenkopf um Versöhnung zu bitten: „Ja, wenn er es möchte.“ Die langjährigen engen Weggefährten entzweiten sich vor mehr als zehn Jahren. Aufgrund der von Milbradt angestoßenen Debatte um Biedenkopfs Nachfolge wurde er von diesem im Februar 2001 als Finanzminister aus dem Kabinett entlassen. Im Jahr darauf folgte ihm Milbradt aber ins Amt des Regierungschefs – gegen den Willen Biedenkopfs. Der Verhältnis der beiden gilt seitdem als zerrüttet. Milbradt sagte in dem Interview, dass es für ihn zum damaligen Machtkampf keine Alternative gegeben habe. Er sei ohne „Rückfahrkarte“ in den Westen in Sachsen gewesen, betonte der gebürtige Sauerländer. Er hätte ja nur noch „wie ein geschlagener Hund das Land verlassen können“. Milbradt fügte hinzu: „Ich finde es im Nachhinein bedauerlich, dass es nicht früh genug zur Aussprache gekommen ist.“ Möglicherweise sei er in Biedenkopfs Augen im Kabinett zu einflussreich geworden. Nun seien sie aber keine Kontrahenten mehr und „im gleichen Status des Polit-Rentners“. In ihrer gemeinsamen Zeit seien sie eine „Traumkombination“ gewesen, sagte Milbradt. Er fügte hinzu: „Ich war gern Finanzminister, er war ein hervorragender Ministerpräsident“. Vor seiner Entlassung habe er nie auf Biedenkopfs Abschied hingewirkt, betonte Milbradt. Milbradt war seit 1990 sächsischer Finanzminister. Dabei profilierte er sich als Haushaltssanierer mit einem strikten Sparkurs. Biedenkopf, der ihn später aus dem Kabinett entließ, bezeichnete ihn als „miserablen Politiker“. Sächsischer Ministerpräsident war er von 2002 bis 2008. dapd (Politik/Politik)