Friedrich will sich Zeit lassen bei Fromm-Nachfolge

Friedrich will sich Zeit lassen bei Fromm-Nachfolge Berlin (dapd). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will sich bei Auswahl eines Nachfolgers des scheidenden Verfassungsschutz-Präsidenten Heinz Fromm Zeit lassen. Es gebe „keine Notwendigkeit, jetzt irgendeine Entscheidung zu fällen“, sagte Friedrich am Montag in Berlin. Der CSU-Politiker kündigte an, die Personalie „ganz in Ruhe“ klären zu wollen. Am Montag war bekannt geworden, dass der 63-jährige Fromm den Minister am Sonntag um die vorzeitige Pensionierung gebeten hatte. Der Präsident und seine Behörde standen seit dem Auffliegen der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle im November 2011 in der Kritik. Vor wenigen Tagen musste Fromm überdies einräumen, dass ein Referatsleiter seines Bundesamtes wichtige Akten zum sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) geschreddert hatte. Friedrich sagte, die Ereignisse um den NSU sowie die Akten-Affäre hätten Fromm bedrückt. Trotzdem habe der nun zum 31. Juli scheidende Verfassungsschutz-Präsident „viele Erfolge“ vorzuweisen, „gut gearbeitet“ und besitze „jede persönliche Integrität“. Der Minister nannte als Beispiel die Festnahme der sogenannten Sauerland-Gruppe. Die islamistischen Terroristen waren seinerzeit unter Mitwirkung des Verfassungsschutzes daran gehindert worden, einen Sprengstoffanschlag zu verüben. Friedrich kündigte zudem an, die Akten-Affäre werde restlos aufgeklärt. Er erwarte einen Bericht der Verfassungsschützer für Dienstag. dapd (Politik/Politik)

Entnervt in den Ruhestand

Entnervt in den Ruhestand Berlin (dapd). Der öffentliche Auftritt ist nicht seine Welt. Auf Pressekonferenzen gibt sich Heinz Fromm meist wortkarg, oft murmelt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz nur mürrisch in seinen Oberlippenbart. In Sicherheitskreisen wird der 63-Jährige indes geachtet, gerühmt werden seine präzisen Analysen. Doch nun ist der Druck zu groß geworden. Seit Monaten gibt es immer neue Vorwürfe gegen Fromms Kölner Behörde wegen fehlerhafter Ermittlungen gegen die NSU-Terrorzelle. Entnervt, mürbe geworden, flieht Fromm jetzt in den vorgezogenen Ruhestand – nach zwölf Jahren als Behördenpräsident. Zu Beginn seiner Amtszeit, vor elf Jahren, hat der Jurist schon einmal vor einer Bewährungsprobe gestanden, nämlich nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Damals gelingt es ihm, den damals angestaubten Verfassungsschutz zu einem modernen Inlandsgeheimdienst umzubauen. Als seine wichtigsten Verdienste gelten die Vereitlungen verschiedener islamistischer Terroranschläge, allen voran die Überführung der sogenannten Sauerlandgruppe. Doch während sich seine Behörde zunehmend auf die Gefahr des islamistischen Terrorismus konzentriert, formiert sich am rechten Rand unbemerkt eine hochgefährliche Terrorgruppe, die aus dem Untergrund heraus mit einer bisher einmaligen Brutalität auftritt. Ohne irgendwelche handfesten Spuren oder gar Bekennerschreiben zu hinterlassen, ermordet die Neonazi-Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) reihenweise Ausländer im gesamten Bundesrepublik, insgesamt neun. 2006 erschießt die Gruppe zudem eine Polizistin. Doch: Der Verfassungsschutz tappt jahrelang im Dunkeln. Beim Auffliegen des NSU im November 2011 gibt es noch nicht einmal eine eigene Abteilung für Rechtsextremismus. Der möglichen Existenz einer rechtsterroristischen Untergrundorganisation wird regelmäßig widersprochen – eine Blamage auf ganzer Linie, auch für Fromm. Als die Terrorgruppe auffliegt, ist die Empörung groß und der Verfassungsschutz gerät ins Zentrum der Kritik. Der Behörde wird nicht nur Untätigkeit vorgeworfen, sondern von manchen Politiker gar unterstellt beim braunen Terror absichtlich ein Auge zugedrückt zu haben. Doch Fromm wird als Behördenchef kaum infrage gestellt. Überfraktionell schätzt man nach wie vor seine fachliche Kompetenz. Auch sein neuer Chef, der CSU-Politiker und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, hält zu dem lang gedienten Beamten. Heinz Fromm wird am 10. Juli 1948 im hessischen Frieda geboren. Nach seinem Abitur studiert er in Gießen Jura und legt 1975 nach dem Referendariat am Landgericht Kassel die zweite juristische Staatsprüfung ab. Von 1979 bis 1980 ist er persönlicher Referent des hessischen Justizministers und SPD-Politikers Herbert Günther. Auch Fromm ist Sozialdemokrat. Zwischen 1991 und 1993 leitet Fromm den hessischen Verfassungsschutz und wechselt anschließend als Staatssekretär ins hessische Innenministerium. Nach einer kurzen Station als Gefängnisleiter in Kassel wird er im Juni 2000 schließlich Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Um weiteren Schaden von seiner Behörde abzuwenden, tritt Fromm im November 2011 die Flucht nach vorne an: Er gibt Pressekonferenzen, lädt zu Hintergrundgesprächen ein und erscheint zusammen mit Friedrich und BKA-Chef Jörg Ziercke sogar in der Bundespressekonferenz – der Höhle des Löwens für jemanden, dessen Geschäft das Vertrauliche ist. Doch mit seiner eher zurückhaltenden, defensiven und verschwiegenen Art vermag es der oberste Verfassungsschützer kaum, das Misstrauen in Medien und Politik gegenüber seiner Behörde aus dem Weg zu räumen. Am vergangenen Mittwoch steigt der Druck nochmals. Es wird bekannt, dass ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes noch nach dem Auffliegen der Terrorzelle wichtige Akten schreddern ließ, aus denen hervorging, wie die Sicherheitsbehörden mit Informanten aus dem Umfeld der Terroristen zusammengearbeitet haben. In einem Hintergrundgespräch mit Journalisten zeigt sich Fromm erschüttert über den Vorgang. So etwas habe er in seiner gesamten Amtszeit nicht erlebt, zitiert der „Spiegel“ am Wochenende. „Hierdurch ist ein erheblicher Vertrauensverlust und eine gravierende Beschädigung des Ansehens des Amtes eingetreten.“ Am Sonntag trifft Fromm sich mit Innenminister Friedrich zu einem persönlichen Gespräch und bittet, in Alters-Ruhestand gehen zu können. Fromm ist überaus frustriert über die immer wieder kehrende Kritik an der Arbeit seiner Behörde, heißt es nun aus Sicherheitskreisen. Er habe die Anwürfe für unverhältnismäßig gehalten. Mit der Akten-Affäre und der daraus resultierenden Kritik sei für ihn persönlich nun „die rote Linie“ überschritten gewesen. „Er hat die Reißleine gezogen.“ dapd (Politik/Politik)

Verfassungsschutzpräsident räumt seinen Posten

Verfassungsschutzpräsident räumt seinen Posten Berlin (dapd). Nach der beispiellosen Pannenserie bei den Ermittlungen gegen die Neonazi-Terrorzelle NSU räumt Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm seinen Posten. Der 63-Jährige geht auf eigenen Wunsch zum Monatsende in Rente, wie Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Montag mitteilte. Fromm gilt als einer der erfahrensten Sicherheitsexperten Deutschlands und stand zwölf Jahre an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes. Die Opposition sprach von einem „Bauernopfer“, das nichts zur Aufklärung der skandalösen Pannenserie beitrage. SPD, Grüne und Linke forderten eine grundlegende Reform der Geheimdienste und des Verfassungsschutzes. Als Nachfolger ist laut „Bild“ Fromms Vize Alexander Eisvogel im Gespräch. Erst vergangene Woche war Fromms Bundesamt erneut unter Druck geraten, weil seine Mitarbeiter sieben wichtige Aktenordner zum NSU-Komplex geschreddert haben, die nun als Beweismittel fehlen. Fromm war von der Aktion selbst „überrascht und erschüttert“, wie Friedrich weiter mitteilte. „Er ist – wie ich – zutiefst besorgt über den dadurch eingetretenen Vertrauensverlust in den Verfassungsschutz.“ Fromm bat seinen Chef Friedrich schließlich Sonntagabend darum, in den vorgezogenen Altersruhestand wechseln zu dürfen. Friedrich betonte, auf seine Anweisung hin würden nun alle Vorgänge rund um den NSU im Bundesamt für Verfassungsschutz „restlos“ aufgeklärt, „damit das Vertrauen in diese wichtige Sicherheitsbehörde wieder hergestellt wird“. Friedrich betonte, Fromms persönliche Integrität stehe in diesem Zusammenhang außer Frage. In Sicherheitskreisen hieß es, Fromm sei überaus frustriert über die immer wieder kehrende Kritik an seiner Amtsführung und an der Arbeit seiner Behörde gewesen. Er habe die Anwürfe für unverhältnismäßig gehalten. Mit der Akten-Affäre und der daraus resultierenden Kritik sei für ihn persönlich nun „die rote Linie“ überschritten gewesen. Er habe „die Reißleine gezogen“. Die im November vergangenen Jahres aufgeflogene Neonazi-Terrorgruppe NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) lebte mehr als ein Jahrzehnt unentdeckt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund und ermordete bundesweit zehn Menschen. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz noch nach Auffliegen des NSU Aktenordner vernichtete, aus denen hervorging, wie mit V-Leuten aus dem NSU-nahen Thüringer Heimatschutz zusammengearbeitet wurde. Einen ersten Bericht des Verfassungsschutzes zu dem Vorfall will das Bundesinnenministerium bis Donnerstag auswerten. Ressortchef Friedrich will dann den Bundestag informieren. Am selben Tag sagt Fromm auch als Zeuge vor dem NSU-Untersuchungsausschuss aus. Fromm ist seit Juni 2000 Präsident des Bundesamtes. Zuvor leitete er den Verfassungsschutz in Hessen und eine Justizvollzugsanstalt in Kassel. Zudem war er Staatssekretär im hessischen Innenministerium. Fromm ist Mitglied der SPD. Die Grünen reagierten kritisch auf den überraschenden Abgang Fromms. Der Skandal um die schleppende Aufklärung der NSU-Terrorserie sei damit keinesfalls erledigt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Die Struktur der Geheimdienste und von Fromms Behörde stünden „nun grundsätzlich zur Debatte“. Der SPD-Innenexperte Michael Hartmann lobte, dass Fromm „als verantwortungsbewusster und erfolgreicher Chef“ jetzt Verantwortung übernehme. „Damit darf aber die Aufarbeitung der Fehler und des Versagens bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht beendet werden.“ Ein Personalwechsel allein bringe noch nicht die erforderlichen Reformen an Haupt und Gliedern. FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff nannte den Rückzug einen ehrenwerten Schritt. Es liege aber die Vermutung nahe, dass „hinter der Aktenvernichtung mehr steckt, als wir schon wissen“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, bilanzierte: „Der Verfassungsschutz hat nicht nur Fehler gemacht, er ist der Fehler.“ Die nun bekannt gewordene Vernichtung von Akten sei nur das i-Tüpfelchen in einer Kette von Skandalen. Der eigentliche Skandal sei der Einsatz von Verfassungsschutzspitzeln selbst. „Denn durch die V-Leute der Geheimdienste werden Nazikameradschaften gegründet oder personell und finanziell unterstützt.“ Sie verlangte die Auflösung der „demokratisch nicht zu kontrollierenden“ Verfassungsschutzämter. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele nannte Fromms Rücktritt konsequent. Er sagte der „Welt“, Fromm trage „mindestens“ die politische Verantwortung. Die jetzt bekannt gewordene Aktenvernichtung sei nicht einmal das schlimmste Versagen. „Schwerer wiegt, dass der Dienst sich ab 2003 offenbar nicht mehr ausreichend um das NSU-Trio gekümmert hat.“ Die Thüringer NSU-Ausschussvorsitzende Dorothea Marx begrüßte den Rücktritt Fromms. „Das findet meine Anerkennung und meinen Respekt“, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dapd in Erfurt. Das Vertuschen und Mauern müsse endlich aufhören. dapd (Politik/Politik)

Steinmeier hält Fromm-Rücktritt für richtig und anständig

Steinmeier hält Fromm-Rücktritt für richtig und anständig Berlin (dapd). SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hält den Rücktritt von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm für richtig. Fromm habe Verantwortung für „unverständliches, unerträgliches, am Ende durch nichts zu rechtfertigendes Verhalten seiner Mitarbeiter“ übernommen, sagte Steinmeier am Montag in Berlin. Der Schritt sei politisch anständig und zugleich notwendig, nachdem seine Behörde offenbar Akten vernichtet habe, die relevant für die Aufklärung der NSU-Neonazi-Mordserie gewesen wären. Zugleich bedauerte Steinmeier, dass Fromm sein Amt so knapp vor dem Ruhestand auf diese Weise verlässt. Als früherer Landesinnenminister und späterer Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz habe Fromm Jahrzehnte seines Arbeitslebens der inneren Sicherheit gewidmet. Die Verhinderung rechtsradikaler Gewalt sei Fromm ein persönliches und politisches Anliegen gewesen. Sein bleibender Verdienst sei auch, den Verfassungsschutz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 neu ausgerichtet zu haben. dapd (Politik/Politik)