Breite Unterstützung im Bundestag für neues Wahlrecht

Breite Unterstützung im Bundestag für neues Wahlrecht Berlin (dapd). Nach jahrelangem Tauziehen um ein neues Wahlrecht will der Bundestag nun zeitnah für eine verfassungskonforme Lösung sorgen. Vertreter von Koalition, SPD und Grünen äußerten sich am Freitag im Bundestag zufrieden mit den Reformplänen, auf die sich die vier Fraktionen gemeinsam verständigt hatten. „Ich glaube fest, dass wir eine verfassungsgemäße Lösung gefunden haben“, sagte Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). Nur die Linke lehnte den Kompromiss ab. Der Vorschlag, über den der Bundestag am Freitag erstmals beriet, sieht vor, dass sogenannte Überhangmandate durch Ausgleichssitze neutralisiert werden. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von Ende Juli, wonach das geltende Wahlrecht unter anderem wegen der Überhangmandate nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach 2008 war dies bereits das zweite Mal, dass das Verfassungsgericht das deutsche Wahlrecht kassiert hatte. Die neuen Regelungen sollen bereits bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr gelten. Koalition verteidigt Vergrößerung des Parlaments Grosse-Brömer räumte ein, dass mit dem neuen Vorschlag eine Vergrößerung des Parlaments nicht auszuschließen sei und bezeichnete dies als Wermutstropfen. Dies sei aber auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geschuldet. Ohnehin habe Deutschland im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl immer noch eines der kleinsten Parlamente in Europa. Er äußerte die Erwartung, dass das neue Wahlrecht nicht nur vor dem Verfassungsgericht, sondern auch in der Bevölkerung auf Akzeptanz stoßen werde. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, äußerte sich erleichtert, dass es „nach den Irrungen und Wirrungen der Koalition beim Wahlrecht“ jetzt einen gemeinsamen Entwurf gebe. „Das ist ein großer Schritt nach vorn“, betonte er. Mit Blick auf das vom Verfassungsgericht gekippte ursprüngliche Gesetz mahnte Oppermann, dass das Wahlrecht nicht dazu da sei, „nach den Machterhaltungsbedürfnissen der Mehrheit gestaltet zu werden“. Für die FDP räumte Geschäftsführer Jörg van Essen ein, dass der Entwurf schwer verständlich sei. Ebenso wie Grosse-Brömer verteidigte er aber die mögliche Vergrößerung des Parlaments mit Verweis darauf, dass der Bundestag im Vergleich mit anderen europäischen Staaten immer noch eines der kleinsten Parlamente sei. Demokratie koste zudem Geld. „Alle Erfahrung in der Geschichte zeigt, dass Nicht-Demokratie für den Bürger am teuersten kommt.“ Linke lehnt Vorschlag als zu kompliziert ab Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, räumte ein, dass es sich bei dem gemeinsamen Vorschlag um einen Kompromiss handle. Es gehe aber darum, dass der Wählerwille unverfälscht im Parlament repräsentiert werde. Dies sei gewährleistet. Zudem sei das Ziel ein breit getragenen Ansatz gewesen. Die Linke kritisierte den Vorschlag dagegen als zu kompliziert und zudem ungeeignet, die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Das Modell führe zu einer Vergrößerung des Parlaments und werde auch der Anforderung nach einem Regionalproporz nicht ausreichend gerecht, sagte die Linke-Abgeordnete Halina Wawzyniak. Sie werde ihrer Fraktion allerdings nicht empfehlen, erneut gegen das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Die Hälfte der 598 Abgeordneten des Bundestags wird per Direktmandat gewählt, die andere Hälfte zieht über die Landeslisten in das Parlament ein. Dazu kommen dann die Überhangmandate. Aktuell sind es nach dem Ausscheiden von Julia Klöckner (CDU) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aus dem Parlament noch 22 solcher Mandate. Nach dem Modell der Ausgleichsmandate sollen nun die anderen Parteien im Verhältnis ihrer Stimmanteile ebenfalls zusätzliche Sitze erhalten. dapd (Politik/Politik)

Kekshersteller Bahlsen macht bei Weihnachtsgebäck doch weiter

Kekshersteller Bahlsen macht bei Weihnachtsgebäck doch weiter Hannover (dapd). Der Kekshersteller Bahlsen steigt nun doch nicht aus dem Geschäft mit Weihnachtsgebäck aus. Grund für diese Entscheidung ist eine Flut von Verbraucherprotesten, wie das Unternehmen am Freitag in Hannover mitteilte. Ursprünglich wollte Bahlsen Saisonprodukte wie Spekulatius, Zimtsterne oder Lebkuchen 2012 zum letzten Mal verkaufen, weil starke Konkurrenz die Preise verdorben hatte. „Für viele Kunden sind Bahlsen Lebkuchen und Spekulatius Bestandteil ihrer Weihnachtskultur“, erklärte Firmeninhaber Werner M. Bahlsen jetzt. Die Reaktionen der Verbraucher hätten das Unternehmen veranlasst, die Entscheidung zu ändern, obwohl sich die wirtschaftliche Lage nicht verändert habe. 2013 werde ein überarbeitetes und gestrafftes Sortiment auf den Markt kommen. An der Fokussierung auf wachstumsträchtige und international vermarktbare Segmente wird das Unternehmen Bahlsen aber auch künftig festhalten. Dazu soll etwa die Produktionskapazität für den Keksriegel „Pick Up“ verdoppelt werden, der sich seit der Einführung 1999 zu einem Hit entwickelt hat. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Gericht weist Klage von Foodwatch gegen Becel -Margarine ab

Gericht weist Klage von Foodwatch gegen Becel -Margarine ab Hamburg (dapd). Im Rechtsstreit über die Margarine „Becel pro.activ“ des Nahrungsmittelkonzerns Unilever hat das Hamburger Landgericht am Freitag die Klage von Foodwatch abgewiesen. Die Verbraucherorganisation hatte Unilever vorgeworfen, Hinweise auf Nebenwirkungen der Margarine zu leugnen. Das Urteil war ursprünglich bereits für Anfang Oktober erwartet worden. Damals hatte die Kammer das Verfahren auf Antrag von Foodwatch jedoch erneut eröffnet. Nach Angaben der Verbraucherorganisation gibt es wissenschaftliche Studien, die den Verdacht erhärteten, dass die der Margarine zugesetzten Pflanzensterine Ablagerungen in den Gefäßen verursachen und damit das Risiko auf Herzkrankheiten erhöhten. Unilever hatte diese Vorwürfe stets zurückgewiesen. (Aktenzeichen: 324 O 64/12) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Grosse-Brömer wirbt im Bundestag für neues Wahlrecht

Grosse-Brömer wirbt im Bundestag für neues Wahlrecht Berlin (dapd). Der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer (CDU), hat im Bundestag für das neue Wahlrecht geworben. Damit befolge der Gesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, betonte er am Freitag. Er räumte aber ein, dass mit dem Vorschlag, der von Union, FDP, SPD und Grünen getragen wird, eine Vergrößerung des Parlaments nicht auszuschließen ist. Dies sei aber auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts geschuldet. Ohnehin habe Deutschland im Verhältnis zur Einwohnerzahl immer noch eines der kleinsten Parlamente in Europa. Der Vorschlag, über den der Bundestag am Freitag erstmals beriet, sieht vor, dass sogenannte Überhangmandate durch Ausgleichssitze neutralisiert werden, was zu einer Vergrößerung des Bundestag führen könnte. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von Ende Juli, wonach das geltende Wahlrecht unter anderem wegen der Überhangmandate nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das neue Wahlrecht soll bereits bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr gelten. Grosse-Brömer äußerte die Erwartung, dass das neue Wahlrecht nicht nur Akzeptanz bei der Bevölkerung findet, sondern auch vor dem Bundesverfassungsgericht. dapd (Politik/Politik)

SPD sieht bei verschärftem Mietrecht Verstoß gegen das Grundgesetz

SPD sieht bei verschärftem Mietrecht Verstoß gegen das Grundgesetz Augsburg (dapd). Die von der Mehrheit der Koalition beschlossene Verschärfung des Mietrechts verstößt nach Auffassung der SPD gegen das Grundgesetz. Ein ursprünglich gegen Mietnomaden gedachter Passus könne Millionen von unbescholtenen Mietern schwere Nachteile bringen, sagte die SPD-Rechtsexpertin Christine Lambrecht in der „Augsburger Allgemeinen“. Mieter könnten ihre Wohnung verlieren, „ohne dass überhaupt gerichtlich entschieden ist, ob die Kündigung und die Räumung gerechtfertigt waren“, sagte Lambrecht. Das sei verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Laut dem Mietrechtsänderungsgesetz, das am Donnerstag vom Bundestag beschlossen wurde, kann Mietbetrügern künftig leichter gekündigt werden. dapd (Politik/Politik)

Tillich ruft zu Mut bei neuerlichem NPD-Verbotsantrag auf

Tillich ruft zu Mut bei neuerlichem NPD-Verbotsantrag auf Leipzig (dapd). Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hält ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren für riskant. „Jeder neue Schritt braucht Mut“, sagte Tillich der „Leipziger Volkszeitung“. „Wir gehen ein Risiko ein. Aber dieses Risiko müssen wir in Kauf nehmen.“ Der Bundesrat will am Freitag das Verfahren zum Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht einleiten. Tillich sagte, schlimmer als ein eventuelles Scheitern wäre es, diesen Schritt gar nicht erst zu gehen. „Die Kritiker eines Verbotsantrags meinen, die NPD sei politisch bedeutungslos geworden. Dabei verkennen sie, dass insbesondere das Parteienprivileg wirksame Maßnahmen gegen die Volksverhetzung und menschenverachtende Ideologie nahezu unmöglich macht“, sagte er. dapd (Politik/Politik)

Rechtsextremismus-Experte: Scheitern des NPD-Verbots wäre Katastrophe

Rechtsextremismus-Experte: Scheitern des NPD-Verbots wäre Katastrophe Berlin (dapd). Der Berliner Rechtsextremismus-Experte Bernd Wagner sieht das neue Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische NPD skeptisch. Ein erneutes Scheitern wäre für Deutschland eine „Katastrophe“ und könnte das Renommee des Landes international beschädigen, sagte der Gründer der Aussteigerinitiative „Exit“ im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. Er warnte deshalb davor, auf „kurzfristige Effekte“ zu schielen. Das könnte „verheerende Folgen“ haben. An diesem Freitag will der Bundesrat den Antrag für ein neues NPD-Verbot beschließen. Zwar befürworte er grundsätzlich die Pläne der Länder, aber es müsse gründlich geprüft werden, ob „alle juristisch absehbaren Kriterien beweisrechtlich“ erfüllt werden könnten, sagte Wagner. Er teilt damit die Einschätzung der schwarz-gelben Bundesregierung und vieler Bundestagsabgeordneter. Es stelle sich die Frage, ob der „aggressiv-kämpferische Charakter der NPD ausreichend bewiesen werden kann“, um vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich zu sein, sagte der ehemalige Kriminalist. Das sei „nicht unproblematisch“. Klar sei hingegen die Verfassungsfeindlichkeit, ein Verbot deshalb sicher wünschenswert. Noch größer könne die Hürde für ein Parteiverbot jedoch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sein, sagte der 57-Jährige. Er habe „erhebliche Zweifel“, dass es gelinge, die Fähigkeit der derzeit geschwächten NPD zur Herbeiführung eines politischen Staatsumsturzes nachzuweisen. Wenn dies nicht sicher möglich sei, sollte von dem Vorhaben „vorerst“ besser Abstand genommen werden. Das erste Verbotsverfahren war 2003 gescheitert, weil in der NPD-Spitze zu viele V-Leute eingesetzt waren. Zeitweilige Schwächung Zugleich warnte Wagner vor der Illusion mancher Politiker, ein Verbot würde das Rechtsextremismus-Problem lösen. Die NPD habe längst einen „Plan B“ in der Tasche. Zwar würde ein Verbot eine „zeitweilige Schwächung“ zur Folge haben, „aber bereits jetzt deuten sich Parteien wie Die Rechte oder Pro Deutschland als nutzbare Organisationen an“, sagte er. Auch die Gründung neuer Vereinigungen sei nicht ausgeschlossen. „Die NPD und ihr Umfeld verstehen sich ohnehin als eine Bewegung gegen die Demokratie, Parteien sind ihr Arm.“ Eine Neuausrichtung hätte aus Sicht jüngerer, nach vorn drängender Rechtsextremisten sogar einen „Vorteil“, sagte Wagner. Man könnte sich von „altem Personal“ und „alten Ideologievorstellungen“ trennen und „post-nationalsozialistisch“ aufstellen. Diese Szene wäre nicht weniger gewaltbereit, aber würde sich aktuellen Entwicklungen besser anpassen. Das Potenzial dafür sei vorhanden. Auch eine weitere militante Radikalisierung sei im Falle eines Verbots der NPD bei einem Teil der nazistischen und rassistischen Klientel nicht auszuschließen, sagte der Experte. Das könnte verstärkten Widerstand im Untergrund, aber auch offenes Auftreten bedeuten. dapd (Politik/Politik)

EU-Gipfel erzählt Weihnachtsmärchen vom Reformfahrplan

EU-Gipfel erzählt Weihnachtsmärchen vom Reformfahrplan Brüssel (dapd). Ein Solidaritätsfonds für sparwillige Euro-Staaten, Reformverträge mit den Regierungen und weitere Schritte hin zur einer echten Bankenunion: All das gehört zum neuen Reformfahrplan für die Vertiefung der Währungsunion, beschlossen von den EU-Spitzen nach achtstündigen Verhandlungen am Freitag in Brüssel. Doch die konkreten Etappen bleiben vage, heikle Fragen wurden umschifft. Dass in zentralen Punkten weiter Uneinigkeit herrscht, vermochte auch die diplomatische Formulierungskunst nicht zu kaschieren. So wollte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy eigentlich eine „fiskalische Kapazität“ mit erheblichen Reserven schaffen, um wirtschaftliche Schockeffekte in krisengeschüttelten Ländern zu dämpfen. Aus diesem Geldtopf wurde in der fünfseitigen Abschlusserklärung ein „Solidaritätsmechanismus“ mit anderem Tenor: Das Geld soll nun nicht mehr fließen, um ökonomische Einbrüche abzufedern, sondern sparwillige Regierungen für vertraglich vereinbarte – und auch wirklich umgesetzte – Reformen zu belohnen, mit denen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Die deutsche Lesart des Abschnitts: Strukturreformen statt Konjunkturhilfen. Bei dem Solidaritätsfonds gehe es „um ein sehr begrenztes Budget“ von etwa 10 bis 20 Milliarden Euro, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – und „nicht um Euro-Bonds!“ Über dessen genaues Volumen und die Finanzierung könne ohnehin erst nach Verabschiedung des EU-Haushalts für die Jahre 2014 bis 2020 entschieden werden. Als Einnahmequellen seien Abgaben der Mitgliedstaaten prinzipiell ebenso denkbar wie die Gewinne aus der geplanten Finanztransaktionssteuer. Wie genau und ab wann das alles funktionieren soll, muss Van Rompuy den Staats- und Regierungschefs im Juni 2013 erst noch erklären. Gleiches gilt für die verlangte „Koordinierung der Wirtschaftspolitik“ aller Mitgliedstaaten, auch hier werden im Sommer Antworten erwartet. Die Gedankenspiele des Ratspräsidenten zu einer gemeinsamen Schuldenaufnahme der Euro-Staaten schafften es erst gar nicht in den Fahrplan, zu groß war der Widerstand aus den Hauptstädten und insbesondere Berlin – siehe Merkel zu Euro-Bonds. Merkel erteilt Hollande Abfuhr Auf Granit biss bei der Deutschen auch Frankreichs Staatspräsident François Hollande: Er würde „Zukunftsinvestitionen“, also etwa Ausgaben für Forschung und Entwicklung, am liebsten nicht mehr in die Neuverschuldung eines Staats einrechnen und sich so unter die Defizitmarke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung mogeln. „Der Stabilitätspakt lässt das zu“, trotzte Hollande – und handelte sich sogleich eine Abfuhr von Merkel ein: „Es ist in keiner Weise an irgendeine Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumpakts gedacht worden“, stellte sie klar. „Da haben wir heute lang drüber geredet.“ Ein weiterer Punkt des Fahrplans: Nach der Einigung auf eine europäische Bankenaufsicht fassen die Staats- und Regierungschefs auch einen zentralen Mechanismus zur Abwicklung von maroden Geldhäusern ins Auge. Die Kommission habe im Laufe des kommenden Jahres ein Konzept dafür vorzulegen: Die Europäische Zentralbank als federführende Superaufsicht soll das Recht bekommen, jede beliebige Bank unter ihrer Kontrolle zu schließen, wenn sie unwirtschaftlich arbeitet. Dieser europäische Abwicklungsmechanismus dürfe allerdings „nicht auf Kosten des Steuerzahlers gehen“, verfügte Merkel. Die Lösung dafür könnte laut Gipfelerklärung wie folgt aussehen: Grundsätzlich soll der Finanzsektor selbst das notwendige Geld für die Abwicklung nicht überlebensfähiger Banken bereitstellen. Falls die öffentlichen Geldgeber anfangs dazuschießen müssen, sollen sie sich ihre Auslagen mittelfristig durch Sonderabgaben von der Finanzindustrie wiederholen können. Geraten einzelne Kreditinstitute durch abenteuerliches Geschäftsgebaren in Schieflage, soll die Branche auch selbst dafür zahlen, lautet das Credo. Für die Bankenabwicklung und Einlagensicherung auf nationaler Ebene muss die Kommission ferner bis Juni entsprechende Richtlinien vorlegen. Vertragsänderungen nicht vor 2014 geplant Über mögliche Änderungen der europäischen Verträge sei auf dem Gipfel nicht gesprochen worden, erklärten Merkel und Hollande unisono. „Ich rechne auch nicht mit einem Konvent vor der Europawahl“, sagte die Kanzlerin. „Bis 2014 müssen wir das erreichen, was unter den jetzigen Verträgen möglich ist“, sekundierte der Franzose. Angeblich nicht gesprochen wurde in der Runde auch über die Nachfolge von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Der luxemburgische Regierungschef hatte kürzlich angekündigt, sein Amt spätestens Ende Januar abgeben zu wollen. Diese Personalfrage lasse sich trotz der Verzögerung „immer noch rechtzeitig“ lösen, sagte Merkel. „Also Anfang des Jahres.“ Mit seinen vagen Absichtserklärungen hinterließ der Gipfel den Eindruck, dass der Reformeifer im Club der Staatenlenker kurz vor Weihnachten verpufft ist. Nicht mehr als „eine lockere Runde zur Zukunft der EU und Währungsunion“ hatte sich der finnische Regierungschef Jyrki Katainen von dem Spitzentreffen erhofft, nicht mehr nahm er am Ende mit nach Hause. Hätten die Finanzminister nicht zuvor das ewige Streitthema Bankenaufsicht abgeräumt und die nächste Kredittranche für Athen freigegeben, von den Brüsseler Regierungsberatungen wäre kaum etwas übrig geblieben. Jean-Claude Juncker war das schon am Morgen klar: „Eigentlich wird der europäische Rat fast gerettet durch die 27 Finanzminister“, sagte er – schon Stunden bevor das Weihnachtsmärchen vom Reformfahrplan erzählt wurde. dapd (Politik/Politik)

Bundestag verlängert Bundeswehreinsatz im Mittelmeer bis Ende 2013

Bundestag verlängert Bundeswehreinsatz im Mittelmeer bis Ende 2013 Berlin (dapd). Die Bundeswehr kann sich ein weiteres Jahr an dem 2001 gestarteten Anti-Terror-Einsatz „Active Endeavour“ im Mittelmeer beteiligen. Eine Mandatsverlängerung bis zum 31. Dezember 2013 beschloss der Bundestag am Donnerstag in Berlin. In namentlicher Abstimmung billigten 311 Abgeordnete das Mandat, 255 lehnten es ab. Es gab eine Enthaltungen. Das entspricht einer Zustimmung von 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die personelle Obergrenze bleibt wie bisher bei 700 Mann. Die einsatzbedingten Zusatzkosten für die zwölfmonatige Verlängerung werden auf 6,7 Millionen Euro geschätzt. Derzeit sind nach Unionsangaben fünf deutsche Soldaten an der Operation beteiligt und zwar über eine Mitarbeit an der AWACS-Luftraumüberwachung. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter bedauerte die geschlossene Ablehnung des Mandats durch die Opposition. Der internationale Terrorismus sei weiter eine Gefahr, das habe auch die UNO jüngst wieder festgestellt, sagte er. Die FDP verwies auf die veränderte Lage im Nahen Osten und in Nordafrika. Da sei die Sammlung eigener Informationen sinnvoll, betonte der FDP-Wehrexperte Rainer Stinner. Die SPD bekräftigte indes ihre Zweifel an einer völkerrechtlichen Grundlage des Einsatzes. Die Bündnisfall der NATO könne seit einigen Jahren nicht mehr als Begründung herhalten, sagte SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour, der ebenfalls die Mandatsgrundlage „schlicht nicht mehr gegeben“ sah. Der Linken-Außenexperte Jan van Aken begründete die Ablehnung seiner Fraktion mit der Nutzlosigkeit eines „Krieges gegen den Terror“. dapd (Politik/Politik)

Polizist im Jalloh-Prozess zu 10.800 Euro Strafe verurteilt

Polizist im Jalloh-Prozess zu 10.800 Euro Strafe verurteilt Magdeburg (dapd). Knapp acht Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh im Dessauer Polizeigewahrsam ist ein damals für den Dienst verantwortlicher Polizist schuldig gesprochen worden. Das Landgericht Magdeburg verurteilte den Mann nach fast zwei Jahren Prozessdauer wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro. Der aus Sierra Leone stammende Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in einer Polizeizelle an einem Hitzeschock gestorben. Der betrunkene Jalloh war auf einer Matratze in der Zelle gefesselt. In einem ersten Verfahren vor dem Landgericht Dessau war der Polizist freigesprochen worden. Dieses Urteil wurde jedoch vom Bundesgerichtshof im Januar 2010 wieder aufgehoben. Das Landgericht Magdeburg befasste sich seit Januar 2011 mit dem Fall. Das Gericht ging mit seinem Urteil am Donnerstag über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die eine Geldstrafe von 6.300 Euro wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen gefordert hatte. Die Nebenklage hielt den Angeklagten der Körperverletzung mit Todesfolge und Freiheitsberaubung für schuldig. Die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch plädiert. Das Gericht konnte nicht ausschließen, dass Jallohs Leben auch nicht zu retten gewesen sei, wenn der Angeklagte vorschriftsmäßig auf das Signal des Feuermelders, das er zunächst für einen Fehlalarm hielt, reagiert hätte. Dies wurde zugunsten des Angeklagten gewertet. Für die Theorie, dass Jalloh durch Dritte angezündet worden sei, gebe es kein einziges Beweismittel, sagte die Vorsitzende Richterin Claudia Methling. Das Feuerzeug könnte bei einer Durchsuchung übersehen oder bei einer Kontrolle verloren worden sein. Der Kammer sei bewusst, dass es Ermittlungsfehler gegeben habe, sagte Methling. Es sei aber nicht festgestellt worden, dass Beweismittel gezielt vernichtet wurden. Zudem habe der Angeklagte den Richtervorbehalt bei der Gewahrsamsnahme nicht gekannt. Zugunsten des Angeklagten wurden auch gewertet, dass er nicht vorbestraft sei, die baulichen Gegebenheiten in Dessau mit sehr langen Wegen im Gebäude sowie die lange Verfahrensdauer von fast acht Jahren. Der Angeklagte sei massivem öffentlichen Druck und Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Methling verwies aber auch auf die hohe Verantwortung, die er in seinem Beruf gehabt habe. Verteidigung und Nebenklage prüfen Revision Die Verteidigung des Polizisten bezeichnete das Urteil als unangemessen und verwies darauf, dass es über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgehe. Es sei jetzt eine Woche Zeit, über eine Revision zu entscheiden. Es müsse beraten werden, ob der inzwischen schwer erkrankte Mandant die Kraft aufbringe, gegen das Urteil vorzugehen, sagte Verteidiger Atilla Teuchtler. Die Nebenklage, die den Bruder von Jalloh vertritt, will ebenfalls innerhalb der nächsten Woche über eine Revision entscheiden. Rechtsanwältin Gabriele Heinecke sagte, dass der Polizist den Richtervorbehalt nicht gekannt haben soll, sei eine „Kapitulation der Polizei vor dem Rechtsstaat“. Jeder Polizist müsse sich über diese Vorschriften klar sein. Zudem betonte sie noch einmal, dass Oury Jalloh das Feuer nicht selbst gelegt haben könne. Vor dem Landgericht hatte eine Initiative mit Plakaten und weißen Kreuzen an den Tod von Oury Jalloh erinnert. Aus ihrer Sicht steht hinter dem Geschehen in der Gewahrsamszelle ein Mord. Sie kritisierten das Urteil und das Vorgehen der Justiz. dapd (Politik/Politik)