Prof. Dr. Thomas Koch (rechts) nennt den Green Deal der EU und eine drohende Verschärfung der Luftreinhalteverordnung „Meilensteine einer auf falschen Berechnungen abgestützten Strategie, die eine Deindustrailisierung des ganzen Kontinents zur Folge haben wird.“ Koch war Gastredner beim Coparts Tag der Fritz Wittich GmbH. Geschäftsführer Fritz Wittich (links) begrüßte dazu die Inhaber von rund 200 Kfz-Werkstätten aus der Region in Bielefeld. (Foto: Fritz Wittich GmbH)
Prof. Dr. Thomas Koch (rechts) nennt den Green Deal der EU und eine drohende Verschärfung der Luftreinhalteverordnung „Meilensteine einer auf falschen Berechnungen abgestützten Strategie, die eine Deindustrailisierung des ganzen Kontinents zur Folge haben wird.“ Koch war Gastredner beim Coparts Tag der Fritz Wittich GmbH. Geschäftsführer Fritz Wittich (links) begrüßte dazu die Inhaber von rund 200 Kfz-Werkstätten aus der Region in Bielefeld. (Foto: Fritz Wittich GmbH)

Nur eine Technologieoffenheit verhindert Deindustrialisierung

Technologie-Professor wettert gegen Verbrenner-Aus der EU

Bielefeld – Prof. Dr. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) warnt vor weitreichenden Folgen des von der EU beschlossenen Verbots von Verbrennungsmotoren ab 2035: Er sieht darin nicht nur einen Angriff auf die individuelle Mobilität, sondern eine gezielte Deindustrialisierung des Wirtschaftsstandorts Europa.

Koch fühlt sich seit Monaten als Rufer in der Wüste: „Mehrere hundert Wissenschaftler haben die EU-Parlamentarier angeschrieben und erklärt, dass eine CO2-Einsparung mittels Elektromobilität in vielen Ländern Europas nicht erreicht werden kann.“ Vorstände der großen Autohersteller hätten sogar versucht, mit dem EU-Kommissar für Klimapolitik, den Niederländer Frans Timmermans zu sprechen, dieses Gespräch jedoch im Nachhinein als reine Zeitverschwendung bewertet.

Die nötige Energiewende im Verkehr könne nur gelingen, wenn man sie technologieoffen angehe. Koch: „Der Fokus auf die E-Mobilität übersieht, dass wir auch große und schwere Maschinen wie Lkw, Baumaschinen oder Schiffe im Dauerbetrieb brauchen.“ Mit Strom könne man die nicht bewegen, wohl aber mit synthetisch hergestellten Kraftstoffen. Wer die technischen Möglichkeiten von e-Fuels und Re-Fuels vergebe, vergebe auch den Vorsprung, den Deutschland in der Motorentechnik und im Schwermaschinenbau noch habe. Die Folgen seien, dass Motorenhersteller weder weiter entwickeln noch in Europa investieren. Auch der Nachwuchs wende sich von der Motorentechniktechnik ab. „Die Chinesen kaufen aktuell Antriebswissen in der EU auf“, berichtete der Experte.

Am stärksten, so Koch, treffe das Verbrenner-Verbot ab 2035 den ärmeren Teil der Bevölkerung. „Wer sich heute über ein altes Auto für wenige Tausend Euro freut, wird sich in 12 Jahren kaum ein neues Elektroauto leisten können.“ Der europäische Green Deal wie auch die angedrohte Verschärfung der Luftreinhalteverordnung werde in Summe dafür sorgen, dass nicht nur weite Teile der Industrie, sondern auch viele Tausend Arbeitsplätze in das Ausland abwandern werden: „Unsere Politik steuert geradezu auf eine Deindustrialisierung Europas zu.“

Ob das sehenden Auges passiert, daran hat Koch gehörige Zweifel: „In den Parlamenten in Berlin und Brüssel sitzen fast nur noch Juristen und Pädagogen.“ Er und seine Kollegen hätten im Bundestag gerade einmal 15 Naturwissenschaftler zählen können. Mit zu geringem Grundwissen sei es leicht, auf die seit Jahren gezielt gestreuten Scheinrechnungen der vermeintlichen Umweltlobby hereinzufallen aber schwer zu verstehen, dass eine Energiewende im Verkehr nicht ohne CO2-neutrale Kraftstoffe möglich sein wird.

„Der hartnäckige Wiederstand von Bundesverkehrsminister Volker Wissing wie auch der Widerstand aus einigen anderen Ländern Europas lässt erwarten, dass das Verbrenner-Aus zurückgenommen wird“, sagt Koch. Aber je länger es dauere, desto größer werde der Schaden für die Wirtschaft sein.

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WIR Redaktion

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