Schraubenzieher statt Vorschlaghammer

Münster, 10.05.2012 (iGZ) „Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) stellt sich entschlossen jeglichen Missbrauchstendenzen in der Zeitarbeit entgegen. Gute Zeitarbeit ist in Deutschland die Regel – schwarze Schafe werden konsequent zurückgedrängt“, sagt iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz mit Blick auf die Bundesratsinitiative der drei Rot-Grün regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. „Mit dem Antrag packt die Politik den gesetzlichen Vorschlaghammer aus, wo allein ein tarifpolitischer Schraubenzieher hilfreich wäre.“

Stolz verweist auf die arbeitsmarktpolitischen Erfolge der Branche. Zwei Drittel aller Zeitarbeitnehmer waren vor ihrer Tätigkeit beim Zeitarbeitsunternehmen ohne Job. „Die Politik schielt immer auf den sogenannten Klebe-Effekt. Der erste arbeitsmarktpolitische Erfolg ist jedoch schon erreicht, wenn der zuvor Arbeitslose beim Zeitarbeitsunternehmen angestellt wird. Dort ist er in aller Regel unbefristet (83,3 % laut iGZ-Mittelstandsbarometer) und in Vollzeit (89,1 %) beschäftigt. Die tarifliche Bezahlung dient dabei als Untergrenze, denn rund zwei Drittel (66,8 %) erhalten ein übertarifliches Entgelt. Diese Erfolge dürfe man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

Die rund 2.500 im iGZ zusammengeschlossenen überwiegend mittelständischen Zeitarbeitsunternehmen haben vor wenigen Wochen auf ihrem Bundeskongress in Potsdam einen iGZ-Ethik-Kodex beschlossen. Für die Einhaltung dieser Grundregeln guter Zeitarbeit ist eine unabhängige Kontakt- und Schlichtungsstelle um den ehemaligen Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht, Prof. Franz Josef Düwell, zuständig. „Damit setzen wir qualitative Maßstäbe für die Zeitarbeit“, macht Stolz deutlich. Niemand von den vielen seriösen Zeitarbeitsunternehmen habe ein Interesse daran, dass die Zeitarbeit diskreditiert wird.

Zu dem Forderungskatalog der Bundesratsinitiative nimmt iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz im Einzelnen Stellung:

Lohndifferenz zwischen Zeitarbeitnehmern und Belegschaft im Kundenbetrieb: Die Arbeitgeber der Zeitarbeit befinden sich aktuell in Verhandlungen mit der IG Metall um Branchenzuschläge. Auf diese Art soll sichergestellt werden, dass die Lohndifferenz zwischen Zeitarbeitskräften und Mitarbeitern im Kundenbetrieb leicht administrierbar und ökonomisch sinnvoll reduziert wird. Ein Streichen der Tariföffnungsklausel würde das Kind mit dem Bade ausschütten. Der iGZ hat sich aktuell erfolgreich gegenüber dem Bundesarbeitsministerium dafür eingesetzt, dass iGZ-DGB-Tarifverträge künftig auch von ausländischen Personaldienstleistern angewandt werden können. Das war bislang noch nicht möglich. In einem weiteren Schritt im Zusammenhang mit den Verhandlungen um Branchentarifverträge muss geprüft werden, wie auch die jeweilige Anwendung dieser einsatzbezogenen Zusatzvereinbarungen verbindlich geregelt werden kann. Eine geforderte Streichung der Tariföffnungsklausel verstößt gegen die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie, ist branchenwidrig, führt zu großen Rechtsunsicherheiten und Ungerechtigkeiten und ist gerade für Arbeitssuchende kontraproduktiv.

Konzernüberlassung: Wir müssen aufpassen, dass wir jetzt auch nicht jede Art der Flexibilisierung in Bausch und Bogen verteufeln. Die globalisierte Wirtschaft in Deutschland ist auf entsprechende Ausgleichsinstrumente bei schwankenden Nachfragen zur Vermeidung eines „Hire and fire“ weiterhin dringend angewiesen. Die gesetzlichen Regeln zur Verhinderung des Drehtüreffektes greifen. Der strategische Aufbau von Zweitbelegschaften über Zeitarbeit, wie in dem Antrag der Bundesländer geschildert, ist in der Praxis nicht zu beobachten. Mit Blick auf weitere mögliche Umgehungstatbestände hat sich der iGZ dafür ausgesprochen, dass beim Einsatz von Werkverträgen der jetzt aktuelle iGZ-DGB-Zeitarbeitstarifvertrag lohnmäßig nicht unterschritten werden darf.

Wiedereinführung von Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbot: Ein Zeitarbeitsunternehmen muss seine Abläufe ökonomisch sinnvoll planen. Wenn vorher absehbar oder wahrscheinlich ist, dass es für einen benötigten Zeitarbeitnehmer keinen Anschlusseinsatz gibt, so ist eine befristete Anstellung, ggf. auch synchronisiert auf einen Einsatz, betriebswirtschaftlich richtig und notwendig. Allerdings ist das in der Praxis eher selten, denn oft lässt sich die Dauer des Einsatzes gar nicht konkret vorher bestimmen. Daher ist laut iGZ-Mittelstandsbarometer auch die unbefristete Anstellung die Regel (83,3 Prozent). Für die genannten Einzelfälle, in denen eine Befristung notwendig wäre, muss diese Möglichkeit jedoch erhalten bleiben.

Mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte: Die bestehenden Mitbestimmungsrechte sind ausreichend. Eine Sonderbehandlung von Zeitarbeitnehmern, die als Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber, dem Zeitarbeitsunternehmen, zuzuordnen sind, ist nach nicht zu begründen (vgl. §14, Abs. 1, AÜG).

Einführung einer Höchstüberlassungsdauer: Eine Höchstüberlassungsdauer ist immer ein willkürlicher Eingriff und deshalb auch in den meisten europäischen Staaten nicht vorgesehen. Zwölf Monate schließen beispielsweise Elternzeitvertretungen über Zeitarbeit komplett aus. Projektbezogene, spezialisierte Tätigkeiten im Einsatzbetrieb, die in der Realität nicht selten länger als zwölf Monate dauern, wären auf diese Weise ebenfalls nicht mehr möglich.

Verbot des Einsatzes von Zeitarbeitskräften als Streikbrecher: Dies ist bereits jetzt im iGZ-DGB-Tarifvertrag verankert. Es ist jedoch richtig, dass ein Zeitarbeitnehmer, wenn sein Betrieb bestreikt wird und er sich entscheidet, nicht mit zu streiken, weiterhin kurzfristig durch das Zeitarbeitsunternehmen in einen anderen Einsatz vermittelt werden kann. Andernfalls würde es sich um eine unzulässige Ausweitung eines Streikes auf einen Betrieb handeln, der sich ggf. gar nicht im Arbeitskampf befindet.

Aufnahme der Zeitarbeit in das Arbeitnehmerentsendegesetz: Diese Forderung ist rechtssystematisch nachvollziehbar, ändert aber nichts an aktuell geltender Rechtslage. Danach gilt für alle in- und ausländische Zeitarbeitsanbieter ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn ab 1.11.2012 von 8,19 Euro (West).

Veröffentlicht von

Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.