EuGH-Urteil stärkt Rechte ausländischer Firmen – Inländerdiskriminierung selbstständiger Bilanzbuchhalter bleibt bestehen

Erst im Dezember hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechte ausländischer Steuerberatungsgesellschaften gestärkt. Gegen die Auffassung des Bundesfinanzhofs entschied der EuGH, dass es mit europäischem Recht nicht vereinbar ist, wenn Steuerberatungsgesellschaften aus anderen EU-Mitgliedstaaten vom Ausland aus keine Steuererklärungen erstellen und an deutsche Finanzämter übermitteln dürfen.

„Es wird Zeit, dass das Steuerberatungsgesetz novelliert und aktuellen Gegebenheiten weiter angepasst wird“, betonte deshalb Christel Fries, Präsidentin des Bundesverbands der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC), bei der Eröffnung der Kongressmesse ReWeCo (15.04.) in Bonn.

Steuerberatung ist in Deutschland so stark reglementiert wie in keinem anderen Land, vollumfänglich ist sie mit wenigen Ausnahmen wie Rechtsanwälten oder Wirtschaftsprüfern (§ 3 StBerG) Steuerberatern vorbehalten. Mit vielen Regelungen schränkt das Steuerberatungsgesetz jedoch andere Berufsangehörige ein. So dürfen selbstständig tätige Bilanzbuchhalter in steuerlichen Angelegenheiten nur unter Aufsicht eines Steuerberaters agieren. Es sei denn, sie kommen aus einem EU-Mitgliedsstaat und haben in diesem weitergehende Rechte. Aufgrund der EU-rechtlichen Dienstleistungsfreiheit haben deshalb beispielsweise österreichische Bilanzbuchhalter, wenn sie in Deutschland tätig sind, mehr Befugnisse als ihre deutschen Kollegen. „Die Einschränkungen durch das Steuerberatungsgesetz sind in Deutschland ein klarer Fall von Inländerdiskriminierung“, mahnt BVBC-Präsidentin Christel Fries in ihrer Eröffnungsrede.

Gesetzgeber verbietet Mausklick

Zu welchen paradoxen Folgen die Einschränkungen selbstständiger Bilanzbuchhalter führen können, veranschaulichte Uta-Martina Jüssen aus dem BVBC-Vorstand auf der ReWeCo in einer Podiumsdiskussion: „Angestellte Bilanzbuchhalter erledigen in Unternehmen regelmäßig, wie sie es gelernt haben,  die Umsatzsteuervoranmeldung. Ihren selbstständigen Kollegen ist das jedoch verboten. Dabei werden Belege heute elektronisch so erfasst, dass Buchhaltungsprogramme sie automatisch in die Umsatzsteuervoranmeldung übertragen. Bis zur Übermittlung ans Finanzamt fehlen dann nur noch zwei Mausklicks.“ Laut Gesetz müssen die rechtlich dafür haftenden Mandanten diesen abschließenden Schritt bislang selbst ausführen oder sich dafür an Steuerberater oder die wenigen unter § 3 StBerG genannten Berufsgruppen wenden. Das kommt sie nicht nur deutlich teurer, das behindert auch ihre Zusammenarbeit mit Bilanzbuchhaltern.

Recht auf freie Berufsausübung

BVBC-Präsidiumsmitglied Uta Jüssen forderte auf der Kongressmesse für Rechnungswesen und Controlling eine neunte Änderung des Steuerberatungsgesetzes. „Wirtschaftsfeindliche und realitätsferne Regelungen müssen beseitigt werden. Etwa 25.000 Bilanzbuchhalter in Deutschland können aufgrund rechtlicher Unklarheiten ihren Beruf nicht selbstständig ausüben.“ Dabei hätte eine Befugniserweiterung für selbstständige Bilanzbuchhalter wirtschaftlich positive Folgen. Denn dem Fachkräftemangel in Steuerkanzleien könnte durch die Möglichkeit von Kooperationen mit Bilanzbuchhaltern Abhilfe geschaffen werden. Noch ist das – zum Unmut beider Seiten – allerdings gesetzlich verboten.

www.bvbc.de

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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