Der öffentliche Bruch der Parteigranden

Der öffentliche Bruch der Parteigranden Göttingen (dapd). Ihre Reden sind ein Symbol für den desaströsen Zustand der Partei. Engagiert, kämpferisch, lautstark und mit hochroten Köpfen versuchen die Parteigranden Oskar Lafontaine und Gregor Gysi auf dem Parteitag in Göttingen ihr Lebenswerk, die Linke, zu retten. Die mehr als 500 Delegierten bejubeln beide – obwohl an diesem Samstag so d Der öffentliche Bruch der Parteigranden Göttingen (dapd). Ihre Reden sind ein Symbol für den desaströsen Zustand der Partei. Engagiert, kämpferisch, lautstark und mit hochroten Köpfen versuchen die Parteigranden Oskar Lafontaine und Gregor Gysi auf dem Parteitag in Göttingen ihr Lebenswerk, die Linke, zu retten. Die mehr als 500 Delegierten bejubeln beide – obwohl an diesem Samstag so deutlich wie nie zuvor die Differenzen zwischen den beiden Machern deutlich werden, die jahrelang an einem Strang zogen. Nur noch ein Gedanke scheint beide zu einen: Eine Spaltung der Linke wäre fatal für die Bewegung. Nach einem Zerfall hätte sie links der SPD wohl kaum noch Chancen. Über die Ursachen für die tiefe Spaltung der Partei, die 2007 aus Linkspartei.PDS und westdeutscher WASG hervorgegangen war, gehen die Meinungen der beiden Männer aber weit auseinander.Wie angespannt vor allem Gysi ist, zeigt sich daran, dass er – der brillante Redner – seine Rede weitgehend von einem Manuskript abliest. Den Hauptgrund für die Feindseligkeiten liegt nach Gysis Ansicht darin, dass die Linke im Westen eine Interessen- und im Osten eine Volkspartei sei. Damit hätten beide Teile andere Intentionen. Das sei aber eigentlich ja auch gar kein Problem. „Was ist so schlimm daran, das zu akzeptieren?“, fragt er die Delegierten. „Ich will nicht begreifen, dass es uns spaltet.“ Aber nun scheine es fast unmöglich, eine Einigung herbeizuführen. Tiefe Gräben Gysi illustriert den Gegensatz an Beispielen: In einer Fraktionssitzung hätten sich nahezu alle westdeutschen Abgeordneten gegen den Koalitionsvertrag der Linken mit der SPD in Brandenburg ausgesprochen, während nahezu alle ostdeutschen Volksvertreter dafür gewesen seien. Vielfach gehe es in Diskussionen zudem nicht um die Sache, sondern um Personen und Eitelkeiten. Die Gräben sind tief: Derzeit herrsche in der Fraktion Hass und dieser sei nicht zu vertreiben, erzählt Gysi. Seit Jahren habe er versucht, die unterschiedlichen Teile zusammenzuführen, die wie zwei Lokomotiven aufeinander zu rasten. „Dabei kann man zermalmt werden.“ Das sei er leid. Nie zuvor hat sich Gysi so offen frustriert über seinen Job gezeigt. Er spricht offen von einer Spaltung. Entweder müsse eine Parteiführung gewählt werden, die integriere und die Politik wieder sichtbar mache. „Dann würde ich das begrüßen.“ Oder man sei dazu nicht in der Lage. Dann wäre es besser, sich fair zu trennen. Lafontaine ärgert sich über Spaltungs-Gerede Für Lafontaine, der 2007 maßgeblich für die Gründung der Linke verantwortlich war, ist allerdings schon die Debatte über eine Spaltung viel zu viel. Mit sich überschlagender Stimme ruft er: „Es gibt keinen Grund, das Wort Spaltung in den Mund zu nehmen.“ Es gebe keinerlei Anlass für ein Auseinanderfallen der Linken, denn sie habe sich mit 95 Prozent Zustimmung ein gemeinsames Programm gegeben. Auch sei es nicht wahr und „dummes Gerede“, dass sich die westdeutschen Verbände gegen Regierungsbeteiligungen stemmten, sagt er unter Verweis auf den hessischen, nordrhein-westfälischen und seinen eigenen, den saarländischen Landesverband. Und es sei auch keine Kleinigkeit, in einem westdeutschen Bundesland 16 Prozent zu holen – wie er zuletzt am 25. März im Saarland. Lafontaine muss nicht aussprechen, dass für ihn die Linke im Saarland mehr als eine Interessenpartei ist. Er verteidigt auch seine Ablehnung eines Vorschlags von Gysi, wonach er Parteivorsitzender und Bundestagsfraktionvize Dietmar Bartsch Bundesgeschäftsführer hätte werden sollen. Bartsch und Lafontaine gelten seit Jahren als verfeindet. Parteichef und Geschäftsführer müssten aber „ein sehr enges Vertrauensverhältnis“ haben, sagt Lafontaine. Das sei „eigentlich eine pure Selbstverständlichkeit“. Auch sei es unmöglich, dass Bartsch schon im November 2011 seine Kandidatur für den Parteivorsitz ankündigte. Bergpredigt und Tucholsky Gysi hält dagegen: Er habe Kompromisse vorgeschlagen, die für Bartsch „schwer zu verkraften“ gewesen seien. „Sie scheiterten aber nicht an ihm“, sagt Gysi – und muss nicht aussprechen, dass er Lafontaine für den Schuldigen hält. Er habe Bartsch früher deutlich kritisiert, und einige erwarteten, dass er dies wiederhole, sagt Gysi. „Aber er hat sich seitdem korrekt verhalten.“ Daher komme eine erneute Kritik „überhaupt nicht infrage“. Zugleich nimmt Gysi die ostdeutschen Landesverbände der Linken, die Bartsch maßgeblich bei seiner Bewerbung für den Parteivorsitz unterstützen, gegen Attacken aus dem Westen in Schutz. Er könne Arroganz gegenüber den Ost-Linken nicht akzeptieren, sagt Gysi. Insbesondere der Vorwurf, die ostdeutsche Linke ähnele zu sehr der SPD, sei unzutreffend.“Eine bestimmte Kritik erinnert mich an die westliche Arroganz bei der Vereinigung unseres Landes“, sagt er. Beide alten Männer zitieren am Ende ihrer jeweils knapp halbstündigen Reden aus berühmten Büchern: Gysi wählt die Bibel. In der Bergpredigt stehe geschrieben, welche Behandlung Jesus Christus seine Feinde wünsche. Wenigstens daran sollten sich die Genossen halten. Lafontaine zitiert Kurt Tucholsky, um zu zeigen, dass Sozialdemokraten es nicht ertragen könnten, wenn links von ihnen noch jemand stehe. Am Ende erhalten beide minutenlange stehende Ovationen. Der Applaus für Lafontaine fällt dabei lauter aus. dapd (Politik/Politik)

Authors: dapd News

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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